Die Chronik von
Zimmern
Die Zimmerische Chronik wurde
in den Jahren 1564/66 von Graf Froben Christoph von Zimmern
und seinem Sekretär Johannes Müller erstellt. Froben
Christoph von Zimmern gilt als einer der genialsten Erzähler
seiner Zeit, die Chronik ist eine herausragende Quelle zur
Adelskultur des 16. Jahrhunderts, zu Werten und
Familienleben ebenso wie zur Volkskultur. Uns interessieren
hier freilich nur diejenigen Abschnitte, die sich mit dem
Zeitalter der Kreuzzüge beschäftigen, denn auch dazu bietet
die Chronik eine reiche Fülle von nirgendwo sonst
erhältlichen Informationen.
Wie die Hochdeutschen eine
große Niederlage bei Nicea erlitten, darin Herr Konrad und Herr
Albrecht Freiherrn von Zimmern erschlagen wurden und Herr
Friedrich, ihr Bruder, auf den Tod verwundet davon gekommen ist,
welch letzterer sich nachfolgend wieder nach Deutschland
begeben hat, aber nicht lange dort geblieben ist
ls
aber Herzog Gottfried von Bouillon und der ganze Haufen durch
Ungarn und Bulgarien nach Thrakien kamen, haben sie durch die
Untreue Kaiser Alexius’ von Konstantinopel viele gute Leute
verloren, doch sind sie dreimal hunderttausend Mann stark, ohne
Weib und Kind, glücklich und wohlbehalten über den Arm des
Meeres Hellespont, genannt Bosporus, nach Asien geschifft, und
wiewohl ihnen etliche sarazenische Fürsten und Potentaten mit
einer großen Anzahl Volks entgegenzogen und ihnen den Paß oder
Eingang nach Syrien zu verwehren sich unterstanden, waren sie
denselben, deren sie eine große Anzahl erschlugen, dennoch
überall überlegen. Nach diesen Siegen rückten sie auf die Stadt
Nicea vor. Unterwegs aber und nicht weit von Nicea war dem
deutschen Haufen der Proviant und allerlei Nahrung ausgegangen,
und als ihnen berichtet wurde, wie stark die Türken an Zahl
waren, und daß sie nämlich nicht fern von hier ihr Lager
geschlagen hätten, ritten sie erstmals mit großer Sorge und
Vorsicht zum Furagieren aus, hernach aber begaben sie sich von
Tag zu Tag Stück für Stück immer weiter hinaus, bis sie sich
zuletzt ganze zehn Meilen vom Lager weg entfernten, plünderten
und raubten. Zuletzt, als sie sich wegen des türkischen Königs
Soliman, welcher sich bisher absichtlich so still verhalten
hatte, gar kein Sorge mehr machten und zweihundert zu Roß und
dreitausend zu Fuß von ihnen sich abermals ohne alle Ordnung vom
Lager entfernt hatten, wurden sie in solcher Eile von besagtem
Türken Soliman umzingelt und der Großteil erschlagen. Als diese
Kunde ins Lager drang, entstand eine große Empörung, so daß die
gemeinen Knechte ohne alle Ordnung gegen die Feinde zu ziehen
begehrten; und wiewohl Pfalzgraf Hugo von Tübingen, desgleichen
Herzog Walther von Teck, als die Obersten, das Kriegsvolk in
Anbetracht der jüngsten Niederlage, auch der großen Macht der
Feinde, gerne aufgehalten hätten, mochte solches jedoch wenig
Erfolg haben, daß sie zuletzt gezwungen waren, eine Ordnung
herzustellen, derenthalben mit viertausend zu Roß und
fünfundzwanzigtausend zu Fuß gegen die Feinde zogen, in der
Hoffnung, zumal es eh nicht anders sein konnte, Ehre einzulegen
oder aber ihr Leben darum zu geben; und wiewohl von den
Deutschen, insonderheit dem Adel, gar ernstlich gestritten
wurde, sie sich auch vor den anderen Nationen ehrenhafter und
ritterlicher Taten befleißigen wollten, waren ihnen doch die
Türken, die derart massiv mit den vergifteten Geschossen auf sie
eindrangen, am Ende mit ihrer unzähligen Menge überlegen, zumal
auch die Rettung der anderen Christen zu langsam kam, daß
zuletzt der Großteil von ihnen erschlagen wurde. Unter diesen
waren beide Obersten, Pfalzgraf Hugo von Tübingen und Herzog
Walther von Teck, und dann der Großteil aller vorgenannten
Grafen und Herren, doch namentlich Graf Huldreich und Graf
Rudolf von Saarwerden, Herr Konrad und Herr Albrecht, Gebrüder,
Freiherrn von Zimmern, Herr Albrecht Freiherr von Stöffeln, Graf
Berchtold von Neuffen und viele andere vom Adel aus hohen
deutschen Landen. Die aber aus diesem Haufen und namentlich
davonkamen, waren Graf Heinrich von Schwarzenburg, Herr
Friedrich von Zimmern, ein Freiherr von Brandis, genannt Rudolf,
ein Edelmann von Emms und einer von Fridingen, die kamen hart
und übel verwundet davon. In Anbetracht dessen begaben sie sich,
sobald sie ihrer Wunden geheilt und genesen waren, in den Dienst
Herzog Gottfrieds, ihres obersten Feldhauptmanns, dieweil die
Mehrheit der Deutschen samt ihren Hauptleuten und Befehlshabern
in oben angezeigter Schlacht umgekommen war. Über etliche Zeit
nach Eroberung der Stadt Antiochien rückte das christliche Lager
vor die Stadt Jerusalem, die ward belagert und nach vielgehabter
Mühe und Arbeit im Jahr nach der Menschwerdung unseres Herrn
tausendneunundneunzig gewaltsam erobert. Daselbst ward Herzog
Gottfried einhellig zu einem König erwählt. Aber der fromme,
teure Fürst regierte nur ein Jahr. An seiner Statt wurde Herzog
Balduin erwählt, sein Bruder, der achtzehn Jahre regierte. Bei
ihm blieb Herr Friederich von Zimmern etliche Jahre. Nachdem
aber Bohemund von Apulien, Herzog zu Antiochien, sich
vorgenommen hat, nach Frankreich zu schiffen, nahm besagter Herr
Friederich von Zimmern, der nie des Willens gewesen ist, in dem
Land zu bleiben, Urlaub, der Meinung, mit dem besagten Fürsten
nach Frankreich und darauf wiederum heim in deutsches Land zu
ziehen. Dem kam er also nach, beharrte aber nicht lange darauf,
wie hernach folgen wird.
Man findet zu
Alpersbach in dem Kloster in einem sehr alten Buch geschrieben,
daß vor vielen Jahren ein Freiherr von Zimmern dem Kloster einen
goldenen Leuchter, eine wunderbare Arbeit, die auf lateinisch
Kandelabrum miri operis genannt wird, zum ewigen Gedächtnis
geschenkt habe. Wie aber derselbe mit seinem Namen geheißen,
auch wie lang es her sei, daß er gelebt hat, oder auch wohin
besagter Leuchter gekommen ist, mag man nicht wissen. Doch ist
glaubhaft, daß ihn der jetzt oft genannte Herr Friederich von
Zimmern aus Syrien mit sich gebracht und hernach in das Kloster
gegeben hat.
Ich finde, daß in
dem hochberühmten christlichen Heereszug, den weiland Herzog
Gottfried von Bouillon nach Asien und ins Heilige Land
unternommen hat, neben anderen Fürsten, Grafen und Herren aus
deutschen Landen mitgereist sind Pfalzgraf Adelbero von
Wittelsbach, desgleichen Graf Ortolf von Thaur, unter denen Graf
Ortolf, nachdem Jerusalem und das Heilige Land glücklich erobert
waren, wiederum in deutsche Lande gezogen ist. Unterwegs ist er
krank geworden und in demselben Lager gestorben. Der Körper ist
gen Hohenwart gebracht und daselbst begraben worden.
Wie Herr Friederich
Freiherr von Zimmern wiederum zu König Balduin in Syrien
gezogen ist, aber davor die Herrschaft Rosenfeld samt ihrer Zugehörde mit großem Nachteil seiner Brüder verpfändet hat
Fortsetzung folgt