Kingdom of Heaven

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21. Juni 2011

 

Stefan M. schrieb: Sehr geehrter Herr Hiebl,

zufällig habe ich Ihre Kritik an dem Film »Königreich der Himmel« gelesen. Sie schreiben, daß Tiberias durch ein verräterisches Bündnis Jerusalem schadete. Was denn für ein Bündnis? Ich konnte nirgends etwas darüber nachlesen, was Jerusalem geschadet hätte, sondern wenn man auf ihn gehört hätte, wäre die Schlacht bei Hattin anders ausgegangen. Außerdem stellte er sich nach Saladins Angriff hinter die Kreuzritter. Mich würde Ihre Antwort sehr interessieren.



Mit freundlichen Grüßen

Stefan M.

 

Antwort: Sehr geehrter Herr M.,

in der Gestalt des »Tiberias« begegnet uns der historische Graf Raimund von Tripolis, der sich keines geringeren Vergehens schuldig gemacht hat, als seinen König in der Schlacht bei den Hörnern von Hattin im Stich zu lassen, anstatt ihn herauszuhauen, wie es sich für einen Ritter und Gefolgsmann, der einen Vasalleneid geleistet hat, geziemt hätte. Somit können ihm nicht nur Feigheit und Fahnenflucht vorgeworfen werden, sondern er lenkte sogar selbst noch den Verdacht auf sich, mit den Muslimen paktiert zu haben.

In einem Bericht des Ibn al-Athir, wonach Fürst Rainald, Herr von Krak, ihm diesen Vorwurf nicht ersparen konnte, heißt es dazu: »Du hast dir große Mühe gegeben, uns Furcht vor den Muslimen zu machen. Zweifellos bist du auf ihrer Seite, sonst hättest du nicht so geredet. Was ihre Zahl angeht − für das Höllenfeuer ist viel Holz kein Schaden! «

Siehe zur korrupten Person des Grafen auch die folgende Textstelle aus dem XXI. Buch der Wilhelm von Tyrus: »Von hier schickte er (Saladin) eine Gesandtschaft an den Grafen und ließ ihn bitten, ihn nicht am Sieg zu hindern und ihn, ohne sich einzumischen, mit dem Sohn Nureddins und denen, die ihm zu Hilfe gekommen waren, sein Glück versuchen zu lassen; und um sich den Grafen hierzu geneigter zu machen, versprach er ihm zum Lohn für diesen Dienst seine und Rainalds Geiseln umsonst zurückzugeben. Dieser Antrag gefiel dem Grafen, und nachdem ihm die Geiseln den Vertragsbedingungen gemäß zurückgegeben und nachdem auch die übrigen Edlen, die bei diesem Zug waren, stattlich beschenkt worden waren, brach er sein Lager ab und kehrte in die Heimat zurück. Dieses alles soll durch Humfried von Toron, den königlichen Connetable, gegangen sein, denn man hatte diesen im Verdacht, er stehe mit Saladin in einem allzu vertrauten Verhältnis. So wurden also ganz gegen unseren Vorsatz dem, welchem man auf alle Art hatte entgegentreten wollen, damit er nicht allzu mächtig werde und uns noch heftiger als bisher bedränge, Freundschaftsdienste von uns erwiesen, und der, dessen Macht sich zu unserem Nachteil unausgesetzt vergrößerte, wagte es jetzt, seine Hoffnung auf uns zu setzen.«

Warum hätten also der König und seine erlauchten Berater auf so jemanden hören sollen? Nur weil der Zufall ihm am Ende recht gab? Hinterher ist man immer klüger! Die Schlacht hätte auch verlorengehen können, wenn man seinem Rat gefolgt wäre. Er war schließlich nicht der einzige im Reich, der Kriegserfahrung besaß, andere waren ihm ebenbürtig oder hatten ihm sogar noch etwas voraus.

 

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Hiebl

 

Herr M. schrieb zurück: Sehr geehrter Herr Hiebl,

ja, er durchbrach die feindlichen Linien und konnte fliehen. Was hätte er tun sollen? Sterben in einer bereits von Anfang an verlorenen Schlacht? Balduin von Ibelin konnte auch noch flüchten. Ist er auch ein Verräter? Raimund von Tripolis hat versucht, das Heer nicht in diese Niederlage zu führen, zweimal. Wenn man auf ihn gehört hätte, wäre sicher nicht eine so katastrophale Niederlage herausgekommen.

Des weiteren hat ihn jemand anders beschuldigt. Hören wir immer darauf, was andere denken? Raimund war in Gefangenschaft viel mit Muslimen zusammen und kannte und schätzte sie. Der König zur damaligen Zeit hatte nichts gegen Muslime, zu dieser Zeit lebten Christen, Muslime und Juden gemeinsam in Frieden in Jerusalem. Viele der anderen zu dieser Zeit glaubten, daß Muslime kein Recht auf Leben haben, und überfielen aus Mordlust ihre Karawanen. In Nazideutschland schuldigte dich auch jemand an, ein gegnerischer Spion zu sein, wenn du einem Juden halfst. Ich denke, man sollte auf solche manipulierte Anschuldigungen nichts setzen.
 


Mit freundlichen Grüßen

Stefan M.

 

Abermalige Antwort: Sehr geehrter Herr M.,

an Ihrem Festhalten an der eigenen Meinung kann ich natürlich nichts ändern. Welche Qualitäten nun Raimund an den Muslimen gefunden haben mag, muß dahingestellt bleiben, denn im allgemeinen verachtete und verabscheute man sie. So schreibt etwa Fulcher von Chartres, ein lateinischer Chronist und Augenzeuge des ersten Kreuzzugs, anläßlich seines Besuchs am Toten Meer: »Die sarazenischen Bewohner des Ortes waren allesamt geflohen, als sie Gerüchte über uns hörten, alle außer einigen, die schwärzer waren als Ruß. Diese beließen wir dort, da wir sie verachteten, als wären sie weiter nichts als Seeunkraut.«

Usamâ ibn Munqidh, ein arabischer Chronist der Kreuzzüge, schreibt in seiner Autographie in dem Abschnitt Von einer Fränkin, die lieber bei einem christlichen Schuster als bei einem muslimischen Emir lebte: »In das Haus meines Vaters hatte man einige gefangene junge Mädchen der Franken gebracht. Sie sind eine verfluchte Rasse, die sich nicht mit dem, der anderen Ursprungs ist, (ehelich) verbindet.«

Um aber zum Ausgangspunkt unserer Diskussion zurückzukehren: der Grund, warum ich diese Filmkritik geschrieben habe, ist, daß ein Film 900 Jahre danach, der auf die heute geltenden Normen zugeschnitten ist, nur eine Geschichtsfälschung sein kann, weil die Wertmaßstäbe, die damals gegolten haben, sich nicht einfach auf die heutige Zeit übertragen lassen. Man kann einem Weichling und Feigling und Wehrdienstverweigerer von heute das Verständnis für die damals durchaus plausiblen Handlungen nicht erklären, weil er im Zuge der Aufklärung und des Humanismus eine Gehirnwäsche durch seine Lehrer und Erzieher erhalten hat, durch die er völlig umgekrempelt und in eine weibliche Rolle gedrängt worden ist.

Die Kreuzzüge mögen aus heutiger Sicht grausam und falsch sein, aber nach damaliger Sicht waren sie es eben nicht. Der Vorwurf gegen den Film besteht darin, daß er manipuliert, und diejenigen, die ihn sich ansehen, das noch nicht einmal merken. Ihre verkrampften Seitenhiebe auf Nazideutschland sind völlig fehl am Platz, weil die Kreuzzüge nicht von den Christen, sondern von den Muslimen begonnen wurden. Die Kreuzzüge waren ein gerechter Krieg, mit denen das Heilige Land befreit werden sollte, und diese Vorgehensweise genoß höchste Billigung seitens des Papstes und des Kaisers. Wir haben keine Veranlassung, das heute umzuwerten. Christen, Juden und Muslime leben bis heute nicht in Frieden in Jerusalem, und sie lebten damals erst recht nicht friedlich miteinander. Nach der Eroberung Jerusalems durch die Kreuzfahrer 1099 lebte in der Stadt kein einziger Jude und kein einziger Moslem mehr, weil man sie alle rigoros bis auf wenige Ausnahmen umbrachte. Mir ist auch nichts bekannt, daß man diese Religionen dort geduldet hätte, weil man es als eine Entehrung der heiligen Stätten ansah, daß Ungläubige sich an der Geburtsstätte Jesu aufhalten.

 

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Hiebl

 

 

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