Home | Startseite | Impressum | Kontakt | Gästebuch
»Der oberste Gott, der Vater aller Dinge und Gestalter der Welt, hat den Menschen durch nichts mehr von den übrigen Lebewesen, wenigstens soweit sie sterblich sind, abgesondert als durch die Redegabe.« Institutio oratoria II 16, 12-17.
Das Wort als Waffe
Teil 1 - Die Redner der Antike
Der Rhetorikunterricht soll zwar zur formalen Beherrschung der Redekunst führen, die für sich allein jedoch nicht genügt, sondern mit einer umfassenden Allgemeinbildung verbunden sein muß. Die Kunst der Rede wurde systematisch bereits in der Antike entwickelt, und sie geht einher mit dem fortschreitenden Gerichtswesen, bei dem es auf ausgefeilte Verteidigung ankam, aber auch mit der Notwendigkeit, angesichts des Begräbnisses großer Männer gebührende Worte zu finden, um ihre Leistungen zu würdigen. Die politische Rede konnte erst nach Beseitigung der Tyrannenherrschaft in Syrakus und Athen entstehen. Stets war ja die Begabung, durch brillante Wortfolgen zu überzeugen, den Mächtigen, die dahinter häufig ein Aufwiegeln des Volkes vermuteten, ein Dorn im Auge. Daher ist die Rhetorik auch ein Kind der Demokratie, unter deren Freiheit das gesagt werden konnte, was bis dahin nur unter vorgehaltener Hand möglich war.
Für jeden Rhetoriklehrer und Rhetorikschüler ist es daher unerläßlich, sich mit dem Gedankengut der Antike, das diese dazu ausgestreut hat, auseinanderzusetzen, zumal die Fachsprachen der Rhetorik nun einmal das Latein und Griechische sind. Aber auch als Musterbeispiele überzeugend geführter und sprachlich ausgefeilter Reden mögen die antiken Vorbilder dienen, gibt es doch kaum vollständige Übersichtsartikel dazu. Im nachfolgenden wurde daher eine Aufstellung versucht.
Die Sophisten
- Protagoras aus Abdera (485 - 415); In den Antilogien vermutet man ein Lehrbuch der Rhetorik, nur ein paar Fragmente sind erhalten, erster Sophist
- Gorgias von Leontinoi (483 - 385); erste Sophistengeneration, einer der erfolgreichsten Rhetoren seiner Zeit, eignet sich die sizilische Rhetorik, die politische, beratende bei Korax, die gerichtliche des Teisias an, zwei erhaltenene Musterreden Lob der Helena und Verteidigung des Palamedes
- Hippias von Elis (470), Verfasser von "Schau"-Reden, Sophist der zweiten Generation, nur einige zufällige Titel und Hinweise sind erhalten
- Prodikos von Keos (470 - 399), Sophist der zweiten Generation, Begründer der Synonymik, der "Richtigkeit der Wörter". P. untersuchte verwandte Begriffe, um deren Bedeutungsunterschiede herauszuarbeiten. Diese Unterscheidungen dienen der Argumentation in Rede und Dialog.
- Zoilos aus Amphipolis, Sophist und Homerkritiker, über ihn ist nichts Näheres bekannt
Kanon der zehn klassischen Redner
- Antiphon (480 - 411); Gründer einer Rednerschule, Logograph; von den 60 der Antike bekannten Reden besitzen wir noch 15, darunter drei Tetralogien, deren Echtheit umstritten ist.
- Andokides (440 - 390); Vier seiner Reden sind überliefert, davon gilt eine als unecht: Über die Heimkehr aus dem Exil (407), Über die Mysterien (399), Über den Frieden mit Sparta (391). Sieben weitere Reden sind bekannt und fragmentarisch belegt.
- Lysias (444 - 380); Seine rhetorische Ausbildung erhält er bei Teisias von Thurioi, von 172 Reden sind die Titel bekannt, 35 sind erhalten: Gegen Eratosthenes (or. 12). Die beiden Lehrschriften Téchnai rhetorikaí, Paraskeuaí (vielleicht identisch) sind verloren. Keine Gerichtsreden sind die epideiktischen Reden (or. 2) und der Erotikós (or. 35)
- Isokrates (436 - 338); Logograph, Gründer einer Rhetorenschule, insgesamt 21 als echt anerkannte überlieferte Reden, Über den Frieden (or. 8) Die uns überlieferten Schriften haben zwar die Form von Reden, sind aber von ihm nie öffentlich vorgetragen, sondern nur schriftlich verbreitet worden.
- Isaios (420 - 353); Logograph, möglicherweise auch Redelehrer. Die Antike besaß 64 ihm zugeschriebene Reden, von denen 50 als echt galten, 11 sind erhalten.
- Lykurgos (390 - 325); Verfasser von 15 Gerichtsreden, nur die Gegen Leokreites ist erhalten.
- Aischines (390 - 315); Die Reden Gegen Timarchos (or. 1), Über die Truggesandtschaft (or. 2) sowie die Anklage des Demosthenes (or. 19), Gegen Ktesiphon (or. 3) und dessen Verteidigung durch Demosthenes (or. 18) sind erhalten.
- Demosthenes (384 - 322), berühmtester griechischer Redner, Logograph, Kranzrede, das Corpus Demosthenicum enthält 61 Reden (mindestens 30 davon sind echt)
- Hypereides (389 - 322), Leichenrede Epitháphios
- Deinarch (360 - 290), 60 als echt anerkannte Reden kannte die Antike, wir besitzen davon nur drei: Gegen Demosthenes, Gegen Aristogeiton und Gegen Philokas
Weitere griechische und römische Redner
- Antisthenes (445 - 365); Begründer der Kynischen Philosophenschule, zwei Reden sind erhalten
- Apollodor (393 - 343); Sieben Reden von A. sind uns überliefert, fälschlich seinem berühmten Zeitgenossen Demosthenes zugeschrieben, so etwa Aristons Anklagerede (or. 59)
- Anaximenes von Lampsakos (Rhetorik an Alexander 340 v.Chr.); Das Werk repräsentiert als einziges erhaltenes den Typus des voraristotelischen Rhetoriklehrbuchs der sophistischen Tradition.
- Aristoteles (384 - 322); Rhetorica
- M. Portius Cato (234 - 149); Von 79 Reden haben wir Kenntnis (Cicero kannte noch etwa 150), die leider nur in Fragmenten überliefert sind
- Rhetorik an Herennius (Auctor ad Herennium) (125 - 83), auch als rhetorica secunda oder nova unter Ciceros Namen die allerhöchste Autorität des rhetorischen Standards setzend, ältestes erhaltenes Lehrbuch der Rhetorik in lateinischer Sprache
- Cicero(106 - 43), Über das Finden des Stoffes für einen Redner (De inventione) ferner De oratore und Brutus
- Dionysios von Halikarnaß (60 - 7) Über die alten Redner
- Quintilian (35 -96), Unterweisung des Redners (Institutio oratoria) ist die umfassendste und ausführlichste antike Darstellung der Redekunst
- Libanios (314 - 393) ist der größte griechische Redner der Kaiserzeit. Sein rhetorisches Meisterwerk ist der Epitaphios auf Julian.
Rhetoriker mit verlorengegangenen Werken
Nur der Vollständigkeit wegen sind anzuführen:
- Korax aus Syrakus, 5. Jh. v.Chr.
- Teisias aus Syrakus, 5. Jh. v.Chr.
- Gaius Graccus, Tribun 100 v.Chr.
- Poseidonios von Apameia (135 - 51)
- Philon von Larissa (110 - 86)
- Apollonius Molon, Lehrer Ciceros 79 - 77 v.Chr. in Rhodos
- Antiochos von Askalon (88 - 68)
- Domitius Afer (39 v.Chr. römischer Konsul)