Outremer Jenseits des Meeres |
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Historischer Roman über eines der
dramatischsten Kapitel der mittelalterlichen Geschichte, den
ersten Kreuzzug und die Errichtung der abendländischer
Fürstentümer sowie des Königreiches Jerusalem im Heiligen
Land. Die Hauptfiguren sind der Normanne Bohemund, ältester Sohn
Robert Guiskards, zu seinen Lebzeiten der ruhmreichste Krieger
der Christenheit, und sein Neffe Tankred, der durch seine
gefahrvollen Abenteuer den Ruhm des unbesiegbaren Helden erwirbt
und als erhabenstes Vorbild frommer und edler Ritterlichkeit
gilt.
Der Roman erzählt primär die Geschichte des Kreuzritters Tankred als Teilnehmer des ersten Kreuzzugs und Festiger der lateinischen Herrschaft im Orient. Sage und Dichtung haben sich dieses Kreuzfahrers mit Vorliebe bemächtigt und aus ihm das erhabenste Vorbild frommer und edler Ritterlichkeit gemacht, und zwar insofern, als Tankred die geistlich-kriegerische Stimmung jener Tage besonders stark zum Ausdruck brachte. Der Kampf gegen den Islam ist ihm wie die Versöhnung mit Gott schon hier auf Erden erschienen. Daneben war er ein echter Normanne, verschlagen und habsüchtig, |
brennend ehrgeizig und voll Berserkerwut in der Schlacht. Sein Interesse erstreckte sich nur auf Werke des Rittertums: die gefahrvollsten Abenteuer aufzusuchen und den Ruhm des unbesiegbarsten Helden zu ertrotzen, war das Ziel seiner heißesten Sehnsucht. In dem Roman geht es um einen der wesentlichen Grundtriebe der menschlichen Seele - den Willen zu Macht und Ruhm. Dieser Machtwille zeigt sich in den verschiedenen Fürstengestalten, die an der Eroberung Jerusalems und dem Aufbau des späteren Königreichs Jerusalem, des Fürstentums Antiochien und der Grafschaften Edessa und Tripolis teilhatten, unterschiedlich. Die Hauptpersonen und zugleich Kontrahenten des Romans sind: Tankred von Hauteville, Graf von Edessa und Regent von Antiochien, Bohemund, Fürst von Antiochien, Gottfried von Bouillon, Herzug von Niederlothringen und König von Jerusalem und Raimund von Saint-Gilles, Graf von Tripolis, Balduin von Boulogne, Gottfrieds Bruder und nach ihm König. |
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Als der König sah, daß er den Mann gewinnen konnte, solange dieser noch schwankend war, faßte er einen ungeheuerlichen Entschluß. Innerlich von religiösen Zweifeln gemartert, wandte Tankred sich ab, den Blick durch das Fenster wie zu Gott empor gerichtet, und als er sich wieder umdrehte, um seine Entscheidung dem König kundzutun, geschah das Unglaubliche. Stumm fiel der König vor Tankred auf die Knie, den Blick tief nach unten gesenkt. War Tankred bisher auch unbeugsam gewesen, so huschte doch in diesem Moment ein Hauch von Beschämung über sein Antlitz. War das der Mann, der das einst so stolze Jerusalem aus den Händen der verfluchten Muslime errettet hatte? Bitte!, sagte der König mit leiser, tränenerstickter Stimme, wobei selbst den Umstehenden der Atem stockte. Tankred, der mit dieser Geste seines alten Feindes ersichtlich nicht gerechnet hatte, erbarmte sich plötzlich, trotz seiner sonst so harschen Art augenscheinlich von Rührung überkommen, beugte sich wortlos über den vor ihm knienden König - denn der einst so hochmütige Herrscher wirkte in diesem Moment wie ein gewöhnlicher, reumütiger Sünder -, nahm ihn bei den Armen und versuchte ihn aufzurichten. Nachdem er ihn hochgezogen und dieser sich wieder gefaßt hatte, sprach Tankred: Ihr mögt der Worte gewaltigere nicht finden, mein König. Seis drum, ich kämpfe mit Euch für Edessa. | Scharenweise drangen die Kreuzfahrer in die Stadt ein und machten alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellte. Allen voran kämpfte Balduin, wild um sich schlagend, und bahnte sich seinen Weg in Richtung Moschee. Dorthin hatten sich viele Muselmanen geflüchtet in der Hoffnung, ihr Gebet würde in größter Not erhört. Allein - Allah hatte sie verlassen. Eine blutige Spur zogen die Verwundeten hinter sich her, als sie von den Franken aus dem Gotteshaus getrieben wurden, Sterbende und Schwerverwundete sanken, an die Mauern ihrer Häuser abgestützt oder verzweifelt um Gnade flehend, zu Boden wie Garben auf dem Felde. Viel unschuldiges Blut wurde vergossen und man schonte weder Frauen noch Kinder, waren es doch Ungläubige, die keine Aussicht auf Erlösung und ewiges Heil besaßen, und viele der Wütenden wähnten sich in dem Glauben, ihr eigenes Seelenheil durch den Tod möglichst vieler noch zu mehren. Als das Wüten vorbei war, lagen überall verstreut die Leichen auf den Gassen, das Blutbad war entsetzlich. Haufenweise konnte man abgeschlagene Glieder liegen sehen, gespaltene Schädel, und hie und da wimmerte unter den Toten noch ein Schwerverwundeter. Aber auch diese wurden von den nach Art von Spürhunden durch die Stadt marodierenden Genuesen erbarmungslos und grausam getötet. | |||
Kein Laut tönte mehr aus der Moschee, als ob schlagartig Windstille eingetreten wäre, der Waffenlärm war verstummt; nur gelegentlich hörte man das Aufatmen eines Siegers und sah, wie sich der eine oder andere den Schweiß von der Stirn wischte. Balduin und die zu seinem Schutze befohlenen, ihn stets umgebenden Ritter der Provence hatten ihre Helme abgenommen, als sie mit zerzausten Haaren, aber stolz und ungebrochen, in der Moschee standen, auf ihre Schwerter gestützt, und den Blick in die gewaltige Kuppel erhoben. Voll stiller Ehrfurcht und Bewunderung dieses eindrucksvollen Gewölbes, in dem der leiseste Laut überall im Raume hörbar war und die Stimmen der Sprechenden gewaltig verstärkt wurden, schritt Balduin über die Toten hinweg zur Gebetsnische. Im spärlichen Lichte der Fackeln blitzte ein von einem Gegenstand herrührendes weißliches Licht auf, auf welches Balduin nun wie gebannt zuschritt, während seine Begleiter noch immer wie angewurzelt in dem majestätischen Raume stehenblieben. Erst als er nahe davorstand, erkannte er in dem Gegenstand eine Schale oder einen goldenen Kelch, der unausgesetzt von dieser eigenartigen Lichterscheinung umgeben war. Dazu lag ein merkwürdiges Surren in der Luft, das von irgendwoher zu kommen schien. Vermutlich hatte ein reicher Moslem dieses Gefäß vor den beutegierigen Christen in Sicherheit bringen wollen, als er sich zuletzt damit in die Moschee flüchtete, wo es ihm im Sterben aus der Hand geglitten war. Wie von einem Blitz getroffen durchzuckte es den König, als er das Gefäß aufhob, und er erschrak, da es sein Leuchten trotz dieses dunklen |
Raumes nicht verlieren wollte. Mit weit geöffneten Augen traten die vordersten Ritter hinzu und blickten wie gebannt auf diese gespenstische Erscheinung, und auch die hintersten drängten sich nach vorne. Da erscholl aus der Tiefe des Raumes die flammende Stimme eines Mönches: "Aus diesem Kelch hat Jesus Christus dereinst, als er mit seinen Jüngern beim letzten Abendmahle saß, sein Blut vergossen!" Siedend heiß stieg es dem Könige auf, als er dies vernommen hatte, und sogleich traf es ihn wie ein Stich mitten ins Herz. Es schien den Anwesenden, als ob er in sich zusammenzuckte und zu fallen drohte. Doch gebot er ihnen Einhalt, als sie ihm stützend helfen wollten. "Dann muß dies der Heilige Gral sein," sagte er, bereits gefaßt, sein Antlitz wie mit einem Ausdrucke höchster Verklärung zu den Anwesenden gekehrt, die ob der schaurig-schönen Erscheinung wie verzückt waren. Ein gleichmäßiges Atmen war das einzige, was in diesem Augenblick im Raume zu hören war. "Dies ist der Heilige Gral, der Kelch des Letzten Abendmahles", fuhr er nachdenklich fort, und nachdem er das Gefäß immer wieder aufs neue bewundernd von allen Seiten betrachtet, aber keinen Makel an ihm gefunden hatte, fiel er ehrfurchtsvoll auf die Knie und erhob den Kelch, da kein Widerspruch sich regte, mit beiden Armen zum Himmel, während Dutzende waffenstarrender, blutverschmierter Recken andächtig niederknieten, mit ihren Schilden und Schwertern auf die Erschlagenen gestützt, und wie aus einem Munde zu beten begannen: "Kyrie eleison, Christe eleison, gloria in ecscelsis deus". |
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► Quellen
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Interessante Links: http://www.ratsgymnasium-gladbeck.de/schuelerprojekte/campus/subpages/htmls/buch/perspek.html http://www.uni-essen.de/einladung/Vorlesungen/epik/roman.htm http://www.michael-santak.de/download/kreativesschreiben/zuckerman_bestseller.pdf
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