Vom
Wesen der Demokratie
Ihrem Wesen nach ist Demokratie die
Herrschaft des Volkes. Seit Montesquieu wissen wir, daß es
eine reine Demokratie, die nicht auch Elemente einer Oligarchie
sowie einer Alleinherrschaft beinhaltet, nicht geben kann. Als
Erfinder der Demokratie gelten gemeinhin die Griechen, aber auch
Rom war 400 Jahre lang Republik und besaß einen Senat. Daß die
Urformen der Demokratie beide gescheitert sind, ist
nicht allgemein bekannt. So fiel die griechische Demokratie Alexander dem Großen
zum Opfer, der sich als unumschränkter Alleinherrscher
gebärdete, während in Rom sich Cäsar zum Diktator aufschwang
und damit die Kaiserzeit einläutete. Auch waren diese Demokratien
damals etwas anders geartet, als wir sie heute kennen, und
erstreckten sich noch nicht über eine gesamte Nation. Während die griechische
Polis eine eng umgrenzte Demokratie innerhalb eines Stadtstaates darstellte,
gab es im Römischen Weltreich nur einen einzigen Stadtstaat, nämlich Rom
selbst, das einzig durch Anwendung brutaler Gewalt sämtliche
Unabhängigkeitsbestrebungen anderer Völker, die damit natürlich auch kein
Selbstbestimmungsrecht besaßen, unterbinden konnte. Diese leider ziemlich
undifferenzierte Betrachtungsweise erweckt im übrigen den Eindruck,
wahrscheinlich, weil nichts Schriftliches aus eigenen Quellen überliefert
ist, als hätten die anderen europäischen Nationen so gut wie keine
demokratischen Erfahrungen besessen. Dem ist aber beileibe nicht so. Die Demokratie
unserer Vorfahren, die wir Germanen nennen, bestand seit jeher
aus den sogenannten Freien, die sich, und das ausschließlich in
Kriegszeiten, einen gemeinsamen Heerführer erwählten, eben den,
der vor dem Heere herzog, nämlich den Herzog. In Friedenszeiten
hatte dieser aber kaum etwas zu sagen, es gab auch keinen Bodenadel, wohl aber
Unfreie aufgrund eines fehlenden Sozialsystems, was aber der Herrschaftsform
einer Demokratie unter Freien an sich keinen Abbruch tat. Auf dem
sogenannten Thing, der Volksversammlung, wurde
demokratisch abgestimmt,
womit auch der Erfindung der Demokratie durch die Griechen als einer bloßen
Überheblichkeit der Boden entzogen ist. Vielmehr noch als das Wahlrecht ist
die Stellung der Frau maßgeblich, die bei den Germanen grundsätzlich neben
dem Manne gleichberechtigt war, während sie bei den Griechen und Römern
trotz deren Demokratieanspruchs keineswegs besonders geachtet war, sondern
sich auf den häuslichen Herd beschränkte. Wir wollen hier aber nicht darüber
handeln, warum Demokratien keinen längeren Bestand haben können, denn 50
Jahre Demokratie der Neuzeit sind vergleichsweise nichts zu den vierhundert
Jahren, in denen Rom Republik war, und können daher keinen Beweis für oder
wider die Stabilität dieser Herrschaftsform liefern. Namhafte Philosophen,
darunter Aristoteles und später Machiavelli, haben bereits zuzeiten des
klassischen Altertums erkannt, daß die Demokratie nach der einen oder
anderen Seite kippen kann, entweder in eine Anarchie stürzen oder, wenn ein
einzelner die Macht ergreift, sich wieder zur Diktatur wandeln kann. Uns
soll hier vielmehr interessieren, warum oder was die Beweggründe sind, daß
das Volk so sehr nach Demokratie lechzt. Da wäre zum einen der Glaube, daß
Demokratie die »ethischste«
aller Regierungsformen sei, weil sie ihrem Anspruch nach jedem das gleiche
Recht einräumt, an politischen Entscheidungen beteiligt zu sein, auch wenn
sie dieses nur vorgaukelt, und jeglicher Willkür, die gleichsam nicht von
allen ausdrücklich gewollt ist, den Riegel vorschiebt. Den Pazifisten ist
sie der Garant für einen stabilen Weltfrieden, weil diese glauben, daß
Kriegstreiberei ursächlich einzelnen in die Schuhe geschoben werden kann,
das Volk von sich aus sich aber niemals an blutigen Händeln beteiligen
würde. Gerechtigkeit und Friedenssehnsucht scheinen sich in der Tat gegen
Einwände wie fehlende innere und äußere Sicherheit, Verfall moralischer
Werte und sittlichen Niedergang, wachsende Kluft zwischen Arm und Reich
durchzusetzen, auf jeden Fall, solange die materielle Grundversorgung
sichergestellt ist. Die Demokratie ist die Herrschaftsform der Verrohung:
sie erlaubt und verbreitet abartigste Gelüste, heizt über die Medien die
Grundregungen des Menschen auf, schürt die Verdummung breiter Volksschichten
und hetzt die Geschlechter gegeneinander auf, sie belügt die Massen durch
ihre mehrheitlich korrupten Volksvertreter, die wie alle anderen auch nur
eine Ideologie des »Rette
sich, wer kann«
vertreten, und sie erhebt schließlich den Anspruch, die allein selig
machende Weltordnung zu sein, die, zudem intolerant, keine andere Gesinnung
neben sich duldet. Sie kennt keine höheren Werte, wenngleich sie es
heuchlerisch allen recht zu machen versucht. Jedes feinere Benehmen ist ihr
wesensfremd, sie ist verzeihend und gütig auch gegen Meineidige, hofiert
diejenigen am meisten, die das größte Interesse an ihrem Fortbestand haben,
und was das schlimmste ist, sie verbreitet das Gerücht, daß sie das
geringste Übel unter allen Regierungsformen sei, wobei ihr das von denen am
ehesten geglaubt wird, die niemals etwas anderes kennengelernt haben.
Fortsetzung folgt