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Das folgende Diodor-Exzerpt (Diod. 5, 25.1-26.1) geht zurück auf den stoischen Philosophen und Historiker Poseidonios von Apameia (um 135 v.Chr. bis verm. 51 v.Chr.) und steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem großen Gallien-Exkurs aus den Historien. Es ist eines der wenigen antiken Zeugnisse, wenngleich nicht das einzige, in denen eine Vorstellung vom damaligen Klima in Mitteleuropa vermittelt wird. Man muß dazu wissen, daß ganz Gallien, wozu auch "Germanien" zählte (ein Begriff, den es zu Lebzeiten Poseidonios' noch gar nicht gab), damals von dichten Wäldern überzogen war und auch der Mittelmeerraum noch nicht in dem Maße abgeholzt war, wie wir das heute kennen. Die Wälder Mitteleuropas wurden zwar nach und nach, im großen Stile jedoch nicht vor dem 6. Jh. n.Chr., zeitgleich mit der beginnenden Christianisierung, gerodet. Daß das rauhe Klima mit ein Grund war, der die Völkerwanderung ausgelöst hat, wahrscheinlich in Verbindung mit einem rasanten Bevölkerungswachstum, ist eine These, die von vielen antiken wie zeitgenössischen Wissenschaftlern vertreten wird. Durch die Abholzung der europäischen Regenwälder war wohl bereits dem Mittelalter ein weitaus weniger rauhes Klima beschieden, als Poseidonius es nachfolgend beschreibt:
"(25.1) Da wir über den Namen der Gallier
gesprochen haben, müssen wir auch über das Land sprechen.
Gallien wird bewohnt von vielen Stämmen unterschiedlicher
Größe. Die größten von ihnen sind beinahe 200000 Mann stark,
die kleinsten 50000, und einer von ihnen steht seit alter Zeit
mit den Römern in einem Verhältnis der Verwandtschaft und
Freundschaft, das sich bis in unsere Tage erhalten hat. (2) Das
Land liegt größtenteils im Norden und ist deshalb
außerordentlich kalt. Zur Winterszeit fällt an den bedeckten
Tagen viel Schnee anstelle des Regens, und an klaren Tagen ist
alles voll Eis und schlimmem Frost, durch den die Flüsse
zufrieren und überbrückt werden mit Hilfe ihres eigenen
Wassers. Nicht nur ein paar zufällige Wanderer überqueren das
Eis, sondern auch riesige Heere mit allem Troß und vollbeladenen
Wagen fahren sicher darüber hinweg. (3) Viele große Flüsse
strömen durch Gallien und zerteilen das ebene Land mit allen
möglichen Windungen; die einen kommen aus tiefen Seen, die
anderen haben ihre Quellen und Zuflüsse aus den Bergen. Die
einen münden in den Ozean, und die anderen ins Mittelmeer. (4)
Der größte von denen, die ins Mittelmeer fließen, ist die
Rhone, die ihre Quellen in den Alpen hat und sich in fünf
Mündungen ins Meer ergießt. Von denen, die in den Ozean
münden, scheinen die größten zu sein die Donau und der Rhein,
den in unseren Tagen Caesar mit dem Beinamen der Gott
in erstaunlicher Weise überbrückt hat, und der nach dem
Übersetzen seiner Fußtruppen die auf der anderen Seite
wohnenden Gallier bezwungen hat. (5) Es gibt noch viele andere
schiffbare Flüsse im Keltenland, über die hier zu schreiben
wohl zu weit führte. Fast alle Flüsse frieren im Winter zu und
überbrücken so ihren Strom, und weil das Eis die darüber
Hinweggehenden wegen seiner natürlichen Glätte ausrutschen
läßt, streut man Spreu darauf und hat so einen sicheren
Übergang. (26.1) Es gibt etwas Eigentümliches und
Bemerkenswertes im größten Teil Galliens, das zu verschweigen
ich nicht für richtig halte. Von Nordwesten und von Norden
pflegen so starke und heftige Winde zu wehen, daß sie in der
Lage sind, handgroße Steine vom Boden wegzureißen und eine
regelrechte Wolke aus Kieselsteinen. Überhaupt rauschen sie
heftig daher und entreißen Männern die Waffen und die Kleider,
und die Reiter werfen sie von den Pferden ab."