Home | Startseite | Impressum | Download | Mail | Gästebuch
|
Abulfeda
|
|
Abulfeda, ein
literarisch tätiger Emir, der als Vasall
des Sultans al-Malik al-Aschraf an der
blutigen Eroberung Akkons teilnahm,
erzählt uns diese Geschichte als
Augenzeuge, aus der Sicht eines Soldaten.
Seine beiden Hauptwerke «Muchtasar
tarich al-baschar», «Kurze Geschichte
des Menschengeschlechtes», und «Taqwim
al-buldan», «Vermessung der Länder»,
sind zusammengetragene ältere Quellen
ohne wissenschaftlichen Wert. Abu l-Fida
Imad ad-Din Ismail ibn Ali al-Ayubi, geb.
1273 in Damaskus, gest. 1331 in Hama, war
von Jugend auf an den Zügen der
Mamelucken gegen Tripolis und Akkon
beteiligt, unter deren Oberhoheit er sich
als al-Malik al-Muayad in der Herrschaft
über Hama bestätigen ließ. |
|
|
Mit der Schlacht
um Akkon endete die fast
zweihundertjährige Geschichte des
Königreichs Jerusalem, die Zeit der
Kreuzzüge war damit unwiderruflich
beendet. Gegen die überlegene
Belagerungskunst der Muslime, das
Katapult al-Mansur, waren selbst die
stärksten Mauern machtlos. Fast kampflos
fielen in der Folge alle weiteren
befestigten Städte des fränkischen
Hochadels in die Hände der Sieger, bis
das ganze Land von Christen leergefegt
war. Die Besiegten hatten der
überlegenen Macht des Feindes nichts
mehr entgegenzusetzen: die Mauern wurden
geschleift, die Bevölkerung hingemordet.
Der alte Glaube, er war erloschen, der
Geist Gottfrieds von Bouillon, er
existierte nicht mehr. Die Hospitaliter
ertranken in Tränen, anstatt im Blut des
Feindes. Und weil Gott sah, daß seinen
Kindern der Eifer für die Sache des
Glaubens abhanden gekommen war, nahm er
ihnen wieder, was er ihnen zuvor gegeben
hatte. Also endete der Ruhm des Kreuzes
im Heiligen Land. |
|
Der Fall Akkons
(163-165)
Im Jahre 690
zog Sultan al-Malik al-Aschraf mit den ägyptischen
Truppen nach Akkon; an die syrischen Truppen ließ er
Befehl ergehen, sich mit Belagerungsmaschinen bei ihm
einzufinden. So setzte sich der Herr von Hama, al-Malik
al-Muzaffar, mit seinem Oheim al-Malik al-Afdal und dem
ganzen Heer von Hama in Marsch, um nach Hisn al-Akrad zu
ziehen und dort ein großes Katapult mit Namen
al-Mansuri, das ein Gewicht von hundert Wagen hatte, in
Empfang zu nehmen. Es wurde auseinandergenommen, und
seine Einzelteile wurden unter dem Heer
von Hama verteilt. Ich bekam eine einzige Wagenladung,
denn damals war ich bereits «Zehneremir». Ende des
Winters zogen wir mit den Wagen los; zwischen Hisn
al-Akrad und Damaskus regnete und schneite es, und da wir
die Wagen mitführen mußten und die Ochsen vor Kälte
schwach wurden und manche starben, hatten wir mit großen
Schwierigkeiten zu kämpfen. Allein wegen der Wagen
brauchten wir von Hisn al-Akrad bis Akkon einen Monat;
sonst braucht man zu Pferd für denselben Weg acht Tage.
Der Sultan hatte auch an alle anderen Festungen Befehl
ergehen lassen, sie sollten die Katapulte und
Belagerungsmaschinen vor Akkon bringen lassen, und so
sammelte sich dort eine noch nie gesehene Menge großer
und kleiner Belagerungsmaschinen.
Die muslimischen
Truppen erreichten Akkon in den ersten Tagen des
Dschumada I dieses Jahres, und es entbrannte eine heftige
Schlacht. Die Franken hatten die meisten Stadttore nicht
geschlossen, sondern hielten sie offen und führten den
Verteidigungskampf dort. Wie gewöhnlich in der Schlacht
standen die Leute von Hama auf dem äußersten rechten
Flügel; wir befanden uns also am Strand des Meeres und
hatten, wenn wir Akkon zugewandt standen, das Meer zu
unserer Rechten. Wir wurden auch von Schiffen aus
angegriffen, die durch hölzerne Aufbauten geschützt und
mit Rinderhäuten umkleidet waren; von dort aus
beschossen sie uns mit Pfeilen und Armbrüsten. So
mußten wir vorn gegen die Stadt und rechts gegen die vom
Meer her Angreifenden kämpfen. Dabei wandte sich auch
ein Schiff mit einem Katapult gegen uns und beschoß uns,
so daß wir und unsere Zelte getroffen wurden; wir waren
in großer Gefahr, bis schließlich eines Nachts starker
Wind aufkam, so daß das Schiff zu schaukeln begann und
von den Wellen hin und her geworfen wurde: das auf ihm
angebrachte Katapult brach in Stücke und wurde nicht
wieder erneuert.
Im Laufe der
Belagerung machten die Franken eines Nachts einen
überraschenden Ausfall und griffen unsere Leute an; sie
schlugen die Vorposten in die Flucht und drangen bis zu
den Zelten vor, wo sie sich in den Seilen verfingen; ein
Ritter fiel in die Latrinengrube einiger Einire und wurde
dort getötet. Als unsere Truppen dann in
überwältigender Zahl herbeigeströmt kamen, flohen die
Franken und zogen sich wieder in die Stadt zurück;
einige von ihnen waren von den Soldaten aus Hama getötet
worden. Am nächsten Morgen ließ al-Malik al-Muzaffar,
Herr von Hama, einige Frankenköpfe an der Kruppe ihrer
Pferde befestigen, die unsere Soldaten erbeutet hatten,
und sie Sultan al-Malik al-Aschraf vorführen.
Der
Belagerungsgürtel zog sich immer enger zusammen, bis
Gott schließlich Freitag, den 17. Dschumada II, den
Angreifern erlaubte, die Stadt im Sturm zu erobern. Als
die Muslime eindrangen, floh ein Teil der Bevölkerung
auf den Schiffen, während viele andere sich in einigen
stark befestigten Türmen der Stadt verschanzten. Die
Muslime richteten in Akkon ein ungeheures Blutbad an und
machten unermeßliche Beute. Der Sultan zwang alle, die
sich in den Türmen verschanzt hatten, zur Übergabe; sie
kamen heraus und wurden bis auf den letzten Mann vor der
Stadt enthauptet. Darauf ließ er die Stadt selbst
zerstören und dem Erdboden gleichmachen.
Eine wunderbare
Fügung war, daß die Franken Akkon um die Mittagszeit am
Freitag, dem 17. Dschumada II 587, Saladin entrissen und
alle Muslime gefangengenommen und umgebracht hatten, die
sie gefunden hatten; Gott, der alles vorausweiß,
bestimmte, daß es in diesem Jahr am Freitag, dem 17.
Dschumada II, durch die Hand eines anderen Saladin,
Sultan al-Malik al-Aschrafs, zurückerobert werde.
Da nun Akkon
eingenommen war, senkte Gott Grauen in die Herzen der
Franken, die noch an der syrischen Küste geblieben
waren. Sie verließen Sidon und Beirut, das Emir
asch-Schudschai Ende Radschab in Besitz nahm. Auch Tyrus
wurde von seinen Einwohnern verlassen, und der Sultan
ließ es besetzen. Anschließend bekam er am 1. Schaban
Athlith ausgeliefert, danach Tortosa am 5. desselben
Monats, immer noch in demselben Jahr. Dieser Sultan hatte
so das Glück, das keinem vor ihm zuteilgeworden war,
daß er ohne Kampf und Mühe diese großen Städte
eroberte, die alle auf seinen Befehl entfestigt wurden.
Mit diesen
Eroberungen waren alle Plätze an der Küste wieder in
den Besitz des Islams zurückgekehrt, ein Ergebnis, das
niemand auch nur zu hoffen und zu wünschen gewagt hatte:
ganz Syrien und die Küstengebiete waren gereinigt von
den Franken, nachdem sie beinahe schon Ägypten erobert
und sich Damaskus' und anderer Städte in Syrien
bemächtigt hatten. Lob sei Gott!
In Anlehnung an: Die Kreuzzüge aus
arabischer Sicht, aus den arabischen Quellen
ausgewählt und übersetzt von Francesco Gabrieli,
Artemis Verlag Zürich und München
|