Dienstag, 22. April 2008
Sehr geehrter
Herr Hiebl!
Ich arbeite
seit ein paar Jahren an einem Buch: "Was heißt Türk? Die
Geschichte eines Begriffes". (Ich bin weder Türke, noch ein
Muslim; nur ein Historiker). Ich möchte "Weil Ihr Ihm, o Söhne
Gottes, gelobt habt, untereinander Frieden zu halten und für die
Rechte der heiligen Kirche aufrichtiger als bisher treu
einzustehen, verbleibt Euch eine wichtige Aufgabe, die jüngst
durch göttlichen Eingriff wachgerüttelt sich sowohl für Euch als
auch für Gott ziemt, bei der Ihr die Ernsthaftigkeit Eures guten
Willens erweisen könnt. Denn Ihr müßt Euch sputen, um Euren im
Osten lebenden Brüdern, die Eure Unterstützung brauchen, um die
sie oft dringend nachsuchten, Hilfe zu bringen. Denn die Türken,
ein persisches Volk, haben sie angegriffen, wie viele von Euch
bereits wissen, und sind bis zu jenem Teil des Mittelmeers, den
man den Arm des heiligen Georg nennt, auf römisches Territorium
vorgedrungen. Sie haben immer mehr Länder der Christen an sich
gerissen, haben sie bereits siebenmal in ebenso vielen
Schlachten besiegt, viele getötet oder gefangengenommen, haben
Kirchen zerstört und haben Gottes Königreich verwüstet. Wenn Ihr
ihnen gestattet, noch viel länger weiterzumachen, werden sie
Gottes gläubiges Volk auf weiter Flur unterwerfen. Und deshalb
ermahne ich, nein, nicht ich, ermahnt Gott Euch als inständige
Herolde Christi mit aufrechter Bitte, Männer jeglichen Standes,
ganz gleich welchen, Ritter wie Fußkämpfer, reiche und arme,
wiederholt aufzufordern, diese wertlose Rasse in unseren Ländern
auszurotten und den christlichen Bewohnern rechtzeitig zu
helfen. Ich richte mich an die Anwesenden, ich verkündige es
jenen, die abwesend sind; überdies befiehlt es Christus. All
jenen, die dorthin gehen, ob sie auf dem Landweg marschieren
oder übers Meer fahren oder im Kampf gegen die Heiden das Ende
dieses Lebens in Gefangenschaft finden, werden ihre Sünden
vergeben. Dies gewähre ich all denen, die gehn, kraft der
Vollmacht, mit der Gott mich ausgestattet hat. O welch eine
Schande, wenn eine Rasse, die so verächtlich, so verkommen und
von Dämonen geknechtet ist, auf solche Art ein Volk überwinden
sollte, welches mit dem Glauben an den allmächtigen Gott
ausgestattet ist und im Namen Christi glänzt. O welche Vorwürfe
werden Euch vom Herrn selbst zur Last gelegt, wenn Ihr nicht
jenen geholfen habt, die wie Ihr dem christlichen Glauben
zugerechnet werden!" von Ihrer Homepage zitieren. Als Quelle
werde ich Ihre URL angeben. Wem gehört die deutsche Übersetzung?
Aus dem Original? Aus dem Englischen? Wo befindet sich das
Original? Die Seitennummer? Falls Sie über den lateinischen Text
verfügen, können Sie mir das obige Zitat auch in Latein (bitte
nicht als pdf, das kann ich nicht ins Layout einbauen) per
e-Mail zuschicken? Wie wird das Wort "Türken" geschrieben? Was
ist mit der "Rasse" gemeint? Bei einer Veröffentlichung meines
Buches (voraussichtlich 2009) werde ich mich dort auch bei Ihnen
bedanken. Für Ihre Mühe im voraus dankend
Hochachtungsvoll und mit freundlichen Grüßen
Dr. M. G. S.
Antwort:
Sehr geehrter Herr Dr. S.,
Sie müssen
sich nicht dafür rechtfertigen, wer oder was Sie sind. Ich bin
sehr türkenfreundlich. Bei einem Türken bin ich mir sicher, daß
er mir hilft, wenn ich in Schwierigkeiten gerate, bei einem
Deutschen weiß ich das nie. Das gilt auf jeden Fall für die in
der Türkei lebenden Türken, die bei uns in Deutschland lebenden
haben sich unseren schlechten Sitten schon weitgehend angepaßt.
Grundsätzlich habe ich auch nichts gegen Muslime, Sie dürfen
meine Übersetzung nicht falsch verstehen. Ich habe mich in die
Gefühlswelt eines fanatischen Christen der Kreuzfahrerepoche
hineinzudenken oder besser noch einzufühlen versucht, um dem
Text stark religiös motivierte Züge zu verleihen. Man kann diese
Zeit nur verstehen, wenn man für die Tage oder Wochen, die eine
solche Übersetzung in Anspruch nimmt, selbst zum Kreuzritter
wird. Man kann dieses zweite Ich anschließend wieder ablegen,
indem man zur Vernunft zurückkehrt. Den Begriff "Rasse" habe ich
gebraucht, weil er den Haß besser ausdrückt als das Wort Volk
und weil ich die Kreuzzüge nicht nur als religiösen Fanatismus
begreife, sondern auch als rassistischen Angriff auf eine fremde
Kultur. Im Englischen wurde dafür das Wort "race" verwendet,
denn die Angelsachsen unterscheiden nicht zwischen Volk und
Rasse. Wir begeben uns im 11. Jahrhundert in eine Welt des
Hasses auf Andersdenkende. Die Menschen jener Zeit kannten nur
eine Wahrheit, und das war die ihnen durch die römische Kirche
vermittelte. Auch die Kirchenfürsten jener Zeit waren durchaus
grausame und den Heiden gegenüber feindlich auftretende
Menschen.
Zu Ihren
Fragen: Die deutsche Übersetzung ist mein ausschließliches
geistiges Eigentum. Diese Übersetzung des Chronisten Fulcher von
Chartres (Sie zitieren hier nur die Kreuzzugspredigt von Papst
Urban II.) wurde aus dem Englischen übersetzt. Die englische
Übersetzung stammt von Frances Rita Ryan. Ich habe versucht,
ihrer Übersetzung mehr Männlichkeit einzuhauchen, gerade, was
die kriegerische Wortwahl betrifft. Auf meiner
Webseite zum ersten Kreuzzug finden Sie sämtliche
Quellenangaben, alles, was ich verwendet habe, auch den
dazugehörigen lateinischen Text. Ich tue mich mit dem
Englischen, aber auch mit dem Französischen leichter als mit dem
Lateinischen, den Text als Ganzes und insbesondere die
Eigennamen überprüfe ich stets im Original. Wichtig ist für mich
nicht die wortwörtliche Übersetzung, sondern ein gutes Deutsch,
den Sinn verändere ich dabei nicht.
Da ich zur
Zeit meine Wohnung entrümpele, befinden sich viele meiner Texte
bereits in Kisten eingepackt im Keller. Sie verstehen sicher,
daß es jetzt zu spät ist, um alles nochmals auszupacken. Ich
bestätige Ihnen aber gerne Ihre Recherche auf Richtigkeit, aber
Sie müssen sich die Mühe bitte selbst machen.
Mit
freundlichen Grüßen
Manfred Hiebl
p.s.: Die
Türken werden im lateinischen Text als turci bezeichnet,
wenn Sie das meinten.
Donnerstag, 16. März 2006
Betreff:
Heiliges Feuer in
der Grabeskirche
Guten Abend! En passant
kam ich mit Ihrer Leserbrief-Seite in Kontakt via Stichwort „Heiliges Feuer in
der Grabeskirche“. Ob Sie persönlich an Wunder glauben oder nicht, ist Ihre
Sache. Doch im Sinne der objektiven Informationsweitergabe weise ich Sie auf das
Buch von Hans Christian Hvidt „Mirakler“ hin, das bereits in zweiter
Auflage erschienen ist; dort finden Sie Näheres über dieses
außergewöhnliche Phänomen, das gewiß kein Schwindel ist; denn es
gibt genug Zeugen für das spontane Entzünden der Kerzen während
der Osternachtfeier. Dr. Hvidt ist eigens nach
Jerusalem geflogen und hat fotografiert. Leider ist sein Buch nur derzeit auf
dänisch erhältlich. Aber im Internet gibt es auch eine deutsche Kurzfassung. Ich
wollte Ihnen dies mitteilen, weil offensichtlich jemand bei Ihnen angefragt hat.
Mit allen guten Wünschen grüßt Prof. P. F. Z.
Antwort: Sehr geehrter Herr Professor Z.,
Ihrem
Hinweis folgend bin ich auf die Homepage von
Niels Christian Hvidt gegangen und habe mir dort den Auszug über das
„Wunder“ durchgelesen. So faszinierend und mystisch der Artikel geschrieben ist,
er selbst sagt darin ganz klar, daß er nicht Zeuge der Erscheinung war, sondern
sich ganz auf den Bericht des Patriarchen Diodorus I. berufen muß: „Mit zwei
großen nicht brennenden Wachskerzen betritt der Patriarch die Grabkammer. Was
darin passiert, kann niemand sehen. Also kann unser Wissen von diesem Teil der
Zeremonie nur auf seinem Zeugnis bauen.“ Ich weiß natürlich, daß Sie ein Buch
über Paraphänomene geschrieben haben, und mir ist auch bekannt, daß Sie als
Theologe und Naturwissenschaftler einen Widerspruch in sich vereinen. Was nun
den Leserbrief angeht, so trat jemand an mich heran, der im Begriff war, einen
Roman zu verfassen, der das Thema „Heiliges Feuer“ behandelt, von dem der
Chronist Fulcher von Chartres in der Zeit nach der Eroberung Jerusalems durch
die Kreuzfahrer berichtet. Dieses Feuer blieb plötzlich aus, und es wurde als
böses Omen empfunden. Das selbsttätige Entfachen des Feuers kann unter die
Paraphänomene eingereiht werden, wenn man zugibt, daß es übernatürliche
Phänomene gibt. Leider bin ich als Absolvent einer naturwissenschaftlichen
Disziplin kein Freund von übernatürlichen Dingen, solange sie nicht belegbar
sind. Nur auf Zeugenaussagen basierende Beweise für deren Existenz sind als
nicht erbracht anzusehen. Daher neige ich eigentlich immer zuerst zu der
Auffassung, die Scharlatanerie zu entlarven, die sich dahinter verbirgt, ehe man
über transzendentale Effekte nachdenkt, die mit physikalischen Gesetzmäßigkeiten
nicht erklärt werden können. Wenn man nicht sicher weiß, ob es übernatürliche
Dinge gibt, dann kann man aus Zeugenaussagen auch nicht die Schlußfolgerung
ziehen, daß solche Erscheinungen wie das „Heilige Feuer“ übernatürlicher Art
seien. Das verbietet sich einfach aufgrund der Quantorenlogik, und seien auch
noch so viele glaubwürdige Zeugen vorhanden. Die Tatsache, ob das Gesehene
natürlichen oder übernatürlichen Ursprungs ist, läßt sich dadurch nicht
beweisen, da es ja sein kann, daß sämtliche Zeugen den „natürlichen“ Vorgang des
Zustandekommens nicht verstanden haben bzw. getäuscht wurden. Es mag Dinge im
Laufe der Geschichte gegeben haben, die man für Wunder gehalten hat, weil man
sie sich nicht erklären konnte. Als die Menschen aufgeklärter wurden, ist von
solchen Wundern immer seltener berichtet worden. Die durchschnittliche Bildung
der Menschen ist selbst heute noch äußerst gering. Verglichen damit, wie sehr
das Wissen in den letzten hundert Jahren zugenommen hat, weiß ein Mensch von
heute weniger als der in der Antike, ja selbst Akademiker erliegen zweifelhaften
Weltanschauungen; zwischen Glaube und Aberglauben liegt kaum mehr als eine
hauchdünne Wand. Viele verdienen sich an der Verbreitung esoterischen
Gedankenguts eine goldene Nase und nutzen die Leichtgläubigkeit der Menschen für
ihre Zwecke aus. Ich kenne Menschen, die UFO-Bilder auszuwerten, in der
Hoffnung, irgendwann ein echtes darunter zu finden, obwohl ihnen die
Relativitätstheorie eigentlich etwas anderes sagen müßte. Zum Glück gibt es aber
immer wieder welche, die die Dinge kritischer sehen. Leider gehen mit solchen
auch die Märchen und Sagen verloren und letztendlich auch die Träume.
Mit
freundlichen Grüßen
Manfred
Hiebl
Dienstag, 22. Februar 2005
Betreff:
Originaltext zur
Rede Papst Urbans II.
Sehr geehrter
Herr Hiebl,
für meine
Facharbeit in Latein muß ich mehrere Reden (Antike, Mittelalter,
Neuzeit) miteinander vergleichen. Eine mittelalterliche Rede zu
finden ist gar nicht so einfach, deshalb bin ich unheimlich
froh, daß ich auf Ihre
Seite gestoßen bin.
Jetzt habe ich
aber noch eine große Bitte an Sie: Könnten Sie mir sagen, wo ich
an das lateinische Original von Papst Urbans Aufruf zum ersten
Kreuzzug gelange? Vielen Dank, Sie würden mir damit wirklich
sehr weiterhelfen!
Steffi
Antwort:
Sehr geehrte Frau G.,
die
Historia
Iherosolymitana Gesta Francorum Iherusalem Peregrinantium
in
Recueil des historiens des croisades: historiens occidentaux.
Bd. III. Paris,
1866
finden Sie im
Original in der Gallica, der französischen
Nationalbibliothek. Sie erinnern mich daran, daß ich diesen Link
auch gleich hätte angeben können. Ich habe ihn jetzt auf meiner
Seite
http://www.manfredhiebl.de/Erster-Kreuzzug/erster-kreuzzug.htm
zu Fulcher
von Chartres gelegt. Dort
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-51573&M=pageseule&Y=Image
anklicken, bei
"Aller Page" (= gehe zu Seite) 311 eintippen und <Return>. Mit "Pagination"
können Sie jede beliebige Seite aufrufen und ausdrucken.
Achtung: Am
linken Bildrand muß der graue Kreis mit Pfeil erscheinen (ggf.
zweimal klicken, denn die Seiten bauen sich nur mühsam auf).
Mit
freundlichen Grüßen
Manfred Hiebl
Dienstag, 25. Januar
2005
Betreff: Zum
Leserbrief von Bruno Buike
Sehr geehrter Herr
Hiebl,
das Heilige Feuer in
der Grabeskirche gab es schon vor den Kreuzzügen. Ich zitiere
aus Konzelmann, Die großen Kalifen, Seite 321:"Die Zurückdrängung
der christlichen Religion fand ihren Höhepunkt in der
Zerstörung der Grabeskirche in Jerusalem. Dafür gab al-Hakim
allerdings einen guten Grund an: Er hielt den pyrotechnischen
Bluff für unwürdig, mit dem die Mönche der Grabeskirche das
Heilige Feuer auf den Altar zauberten. Al-Hakim hielt den
Schwindel für Gotteslästerung."
Das war im Jahre
1009.
Mit freundlichen
Grüßen
Rüdiger W.
Antwort:
Sehr
geehrter Herr W.,
erstaunlich, Ihre
Ansicht über al-Hakim, der ja ein Perser war, wo doch die Perser
das Feuer für heilig hielten. Und zünden nicht auch die
Buddhisten, die ja ebenfalls nichts anderes sind als
Götzenanbeter, Kerzen und Räucherstäbchen an? Müßte so etwas
nicht auch als pyrotechnischer Schabernack verdammt werden?
Haben wir nicht alle in der Schule gelernt, daß erst Marco Polo,
der zwei Jahrhunderte später gereist war, die Pyrotechnik aus
China eingeführt hat? Gewiß, griechisches Feuer war noch den
Byzantinern bekannt, sie haben damit feindliche Flotten in Brand
gesteckt.
Lassen Sie die
Menschen, die doch sonst nichts anderes haben, an Wunder
glauben! Jeder vernünftige Mensch weiß, daß es keine Wunder
gibt, und daß die katholische Kirche zu jeder Zeit ein großes
Interesse daran hatte, die Menschen zu verdummen. Auch Jesus hat
keine Wunder gewirkt, wo doch sein Vater im Himmel nicht einmal
eine kleine Flutwelle aufhalten kann. Der Glaube an Wunder
endete schlagartig, als die Menschen aufgeklärter wurden und
sich folglich auch nicht mehr so sehr in Dinge
"hineinsteigerten". Auch der Papst glaubt, wenn er ein halbwegs
vernünftiger Mensch ist, nicht an Gott, aber er kann seinen
Unglauben natürlich nicht öffentlich eingestehen, wenn er sich
nicht selbst "unglaubwürdig" machen wollte. Gänzlich unwürdig
jedoch sind, um mit al-Hakim zu reden, unsere Spitzenpolitiker,
um nicht zu sagen Staatsoberhäupter, die es sich schon eher
leisten könnten, ihre wahren Ansichten kundzutun, anstatt nach
außen Glauben zu heucheln und den ganzen Bluff mitzumachen, sich
die lächerlichen Märchen der Prediger in den Kirchen mit ihren
weltfremden Ideen vorbeten zu lassen und dann noch populistisch
eine Scheinethik zu verbreiten, um durch falsche Frömmelei an
Wählergunst zu gewinnen. Wir gehen in beängstigender Weise auf
Amerika zu. Bald wird es in diesem Lande nur noch irregeleitete
Bushs im großen und kleinen geben. Die Trennung von Staat und
Kirche ist in unserer Gesellschaft noch längst nicht vollzogen.
Als die Kreuzfahrer
1099 Jerusalem eroberten, war ihnen das Wissen al-Hakims
abhanden gekommen. Keiner derer, die sich dorthin wagten, kam
als Zweifler, um detektivisch das griechische Feuer zu
hinterfragen und in die Mönche Mißtrauen zu setzen. Die
Geschichte des Heiligen Feuers ist nicht aufgezeichnet. Möglich,
daß es die Perser, so wie die Indios heidnische Symbole in den
christlichen Glauben einflochten, mit ihrer zarathustrischen
Feuerreligion nach Jerusalem brachten, es aber nach ihrer
"Bekehrung" zum Islam verdammten.
Wie Sie selbst
gesehen haben, ist im Internet nicht viel darüber in Erfahrung
zu bringen, denn sonst wären Sie bestimmt nicht auf meinen
Leserbrief gestoßen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen nicht
allzuviel Skepsis und stehe zu meinen "falschen" Behauptungen.
Mit freundlichen
Grüßen
Manfred Hiebl
Donnerstag, 22. Januar
2004
Betreff:
Das Wunder des Heiligen Feuers in der Grabeskirche
Sehr geehrter Herr Hiebl,
arbeite im Augenblick am Thema „Wunder des
Heiligen Feuers“ in der Grabeskirche/Jerusalem, das von Fulcher
von Chartres erwähnt wird, bin dabei auf Ihre Website gestoßen -
und ordentlich beeindruckt - und denke, daß ich den lateinischen
Text verwenden werde (natürlich mit gehobenem internationalen
wissenschaftlichen Zitationsstandard). Ihre Interessen sind ja
unglaublich weit gefächert, und Sie haben einen persönlichen
Standpunkt (dem man hoffentlich nicht unbedingt in allem
zustimmen muß), den Sie, soweit ich sehe, korrekterweise auch
lediglich zur Diskussion stellen.
Nun, da ich Ihnen gerade schreibe: Ich habe auch ein Problem!
Und zwar: In Ihrer Quelle Fulcher von Chartres, Gesta Dei per
Francos konnte ich nirgends einen Hinweis entdecken auf das
„Wunder des Heiligen Feuers“ am Heiligen Grab in Jerusalem,
obwohl ich englischsprachige Seiten gesehen habe, wo unter „Gesta“
ein Abschnitt aus Fulcher zitiert wird. Meine Frage ist also:
Kennen Sie noch andere Werke von Fulcher, zum Beispiel so etwas
ähnliches wie „Chronik“? Kennen Sie von Fulcher einen Textbeleg,
wo von der Rede des Papstes Urban II. auf dem Konzil von
Clermont, November 1095, geschrieben ist? Gut, ich habe das
schon in englischsprachigen zuverlässigen Quellen gefunden, aber
wenn Sie das wissen würden, dann bliebe mir etliche
Nachsucharbeit erspart. Das „Heilige Feuer“
Grabeskirche/Jerusalem ist auch sonst ein „heißes Eisen“, obwohl
das Feuer selbst angeblich gar nicht verbrennt, jedenfalls am
Anfang, bevor es anderes Brennbares entzündet hat ... So wie ich
das sehe, sitze ich jetzt schon herrlich zwischen den Stühlen
der Orthodoxen und Katholiken ... und dann noch meine ehemaligen
Freunde vom Islam ... Also, wer schreibt, der kriegt manchmal
echt Prügel … Na ja, wär` ja sonst auch langweilig.
Ich wollte ja eigentlich nur Fulcher auf Latein, weil dort
irgendwo das Heilige Feuer erwähnt ist; wahrscheinlich muß ich
es aber ganz altmodisch in der Bibliothek raussuchen. Bevor also
auch dieser Bibliothekscomputer sich „elektronisch verheddert“ -
jagt da ein Elektron das andere? - verabschiede ich mich so
stilvoll, wie das auf die Schnelle eben möglich ist.
Mit freundlichen Grüßen
Bruno Buike
Antwort: Sehr geehrter Herr Buike,
was ich dazu weiß, will ich Ihnen hier
gerne zusammenfassen. Woher ich es weiß, ob ich es irgendwo
gelesen habe und warum es mir im Moment gerade einfällt, kann
ich nicht in Erfahrung bringen. Die Geschichte geht also:
„Zur Osterzeit, dem heiligsten Fest der
Christenheit, entzündete sich in der Tat in der Grabeskirche zu
Jerusalem, alljährlich wiederkehrend, ein Feuer ganz wie von
selbst. Es war deutlich zu sehen, alle konnten es sehen, doch es
brannte vor sich hin, ohne etwas aufzuzehren. So regelmäßig wie
es kam, erlosch es auch wieder. Es wurde das erste Mal gesehen
seit Befreiung der Heiligen Stadt, bis es eines Tages nicht mehr
wiederkehrte. Der Grund war, daß der Geist Gottfrieds von
Bouillon unter den Kreuzfahrern einer Schlaffheit gewichen war,
die Frömmigkeit nachgelassen hatte und die Sünden sich
steigerten. Gott hatte sich von seinem Volke abgewandt, mit der
Konsequenz, daß alle weiteren Kreuzzüge verlorengehen sollten.
Das war das Wunder des Heiligen Feuers, und die Menschen
verfielen nach seinem Ausbleiben in tiefe Verzweiflung.“
Den lateinischen Text zu Fulcher wollte ich
ursprünglich in meine
Webseite mit aufnehmen, der Link ist aber
noch nicht gelegt. Ich habe die ersten beiden Bücher von Fulchers Gesamtwerk ins Deutsche übersetzt, eine weitere Chronik
von ihm gibt es nicht, jedenfalls ist mir keine bekannt. Meine
Übersetzung schließt auch die Rede des Papstes Urban II. auf dem
Konzil von Clermont ein, ich habe sie unter größten
Schwierigkeiten übersetzt und auf einer separaten
Seite
veröffentlicht. Welchen Text Sie letztendlich verwenden, es
spielt keine Rolle, da sich bei Fulcher nur diese einzige Stelle
findet, die auf das Heilige Feuer eingeht:
„Am Ostersonntag waren alle sehr
beunruhigt, da das Heilige Feuer am Grab des Herrn ausblieb.“
Da können Sie nun in Bibliotheken, mit oder ohne Elektronen,
suchen, soviel Sie wollen, Sie werden nichts finden. In die
Mysterien eingeweiht sind immer nur ganz wenige. Wie sich mir
das Mysterium des Heiligen Feuers erschlossen hat, weiß ich wie
gesagt nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Hiebl