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Freitag, 13. Juli 2007
Frau
Catharina S. schrieb: Sehr geehrter Herr Hiebl,
per Suchmaschine bin ich über den Begriff Lanzelot
auf Ihre Seite gestoßen und würde mich freuen, wenn Sie
mir, als Fachmann sozusagen, einen Tip bezüglich
Literaturangaben zum Thema Lanzelot und das Keltentum
geben könnten!
Ich freue mich auf eine Antwort!
Mit freundlichen Grüßen
Catharina S.
Antwort: Sehr geehrte Frau S.,
wir müssen hier, glaube ich, etwas Grundsätzliches
auseinanderhalten. Die Kelten sind ein historisches
Volk, dessen Spuren (trotz vieler Ausstellungen) im Dunkel der Geschichte verlorengegangen sind. Die
sogenannte urkeltische Sprache gibt es nicht mehr.
Allerdings führen gewisse Völker - dazu zählen die
Bretonen, die Iren, die Keltiberer und die Rätoromanen
- ihre Herkunft auf die Kelten zurück. Durch die
Germanisierung wurden die Kelten auf breiter Front
in die hintersten Winkel Europas zurückgedrängt. Alles,
was wir über die Kelten wissen, stammt nicht von
keltischen Autoren, sondern von griechischen und
römischen. Der Konflikt zwischen Germanen und Kelten hat
auch in den Sagenkreisen der germanischen Völker ihren
Niederschlag gefunden, insbesondere auf den britischen
Inseln. Dort sind, abgesehen von dem, was von antiken
Autoren überliefert ist, die
Wurzeln »keltischer«
Literatur zu suchen.
Wenn wir nun zum Thema Lanzelot überschwenken, so
entstammt diese »Figur«
den hochmittelalterlichen Epen, wie sie etwa von
Romanschreibern wie Chrétien von Troyes geschaffen
wurden, vermutlich basierend auf wesentlich älteren
keltischen Überlieferungen. Das ändert jedoch nichts daran, daß
die Darstellung der Kelten eine hochmittelalterliche
ist, die um ca. 500 Jahre zu spät kommt. Es ist diesen
Autoren in genialer Weise gelungen, Sagen und Funde aus
längst vergangener Zeit in ihre zeitgenössischen
Betrachtungen einzuflechten, so daß sich daraus ein ganz
außergewöhnliches, höchst faszinierendes Kunstwerk von
Rittererzählungen ergibt, denen viel Magisches anhaftet.
Hier verbinden sich Stonehenge, Externsteine und andere
Relikte einer gewaltigen Megalithkultur mit dem Zauber
der Elfen und Feen einer von Blutopfern getränkten Welt
der Druiden. Hinzu tritt die Märchenwelt des
mittelalterlichen Turnierwesens im Verbunde mit den
hohen Idealen ritterlicher Minne, die sich unter den
Klängen der Leier in den von fahrenden Sängern
vorgetragenen Liedern ausdrückt. Das alles hat mit dem
ursprünglichen Keltentum rein gar nichts zu tun. Wenn es
nicht gelingt, dieses nebulöse Geflecht aus historischen
Wahrheiten, bloßer Dichtung und ritterlichen Heldentaten
zu entwirren, entsteht ein undurchdringliches und
undurchschaubares Labyrinth, in dem man sich zwischen
Realität und Traum verläuft. Nur aus archäologischen
Befunden, mittels historischer Analysen und ernsthaft
vorgenommener Entmystifizierung der schöngeistigen
mittelalterlichen Literatur kann es gelingen, sich dem
Phänomen des Keltentums zu nähern.
Fangen Sie damit an, Cäsars Gallischen Krieg zu
lesen, erweitern Sie Ihre Studien danach auf die
entsprechenden Abschnitte eines Polybios oder
Poseidonios, lesen die die Biographie des Plutarch über
Marius und finden Sie diejenigen Stellen bei Strabon und
anderen antiken Geographen, wo diese sich über Sitten
und Gebräuche der Kelten äußern. Damit haben Sie einen
guten Einstieg in die Historie gefunden. Wenn Sie sich
über die historischen Kelten wissend gemacht haben, ist
es an der Zeit, sich mit dem Werk Historiae Regum
Britannia eines Geoffrey von Monmouth eingehender zu
befassen, der auf den historischen König Artus Bezug
nimmt. Dadurch werden Sie beinahe automatisch auf die
umfangreiche altfranzösische Lanzelot-Literatur
hingeführt, die ich auf meiner Webseite genannt habe und
die zu umfangreich ist, um sie im einzelnen jetzt zu
erörtern.
Hätte ich doch, ach! nur ein wenig mehr Zeit, um mich dieses
Themas zu widmen, ich würde es tun.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Hiebl
Dienstag, 25. November 2003
Neo schrieb: Lancelot
Sehr geehrter Herr Hiebl,
danke für die schöne Seite im Netz. Es ist mir eine Ehre, Sie auf
»Der
Einzige - Lanze des Gral« von Reiner Wernher vom Nagel zu Haufe aufmerksam zu
machen, was der 1. Band der Trilogie der Wiederkunft ist und unlängst im ARUN-Verlag erschienen ist. Eine sprachgewaltige Transformation des Mythos in
die Gegenwart. Gleichzeitig hätte ich gern mehr über die Legende des Lancelot,
respektive sein Schicksal innerhalb der Gralslegende gewußt. Könnten Sie helfen?
Mit freundlichen Grüßen
Neo
Antwort: Sehr geehrter Herr,
ja, kann ich schon, aber nur kurz, denn um präzise zu sein, müßte ich selbst
wieder recherchieren. Lancelot ist nicht derjenige unter den Gralsrittern, der
den Gral findet. Er stirbt, ich weiß nicht mehr auswendig, auf welche Art. Er
hat nicht die vollkommene Reinheit, um des Grals würdig zu sein, da er mit der
Königin Genevra Ehebruch begangen hat. Der Gralsritter schlechthin, der den Gral
sieht und erlöst wird, heißt Bohort. Er ist absolut rein in seinem Innern. Es
gibt bei Reclam eine günstige Taschenbuchausgabe über die Artussage, die
allerdings gekürzt ist. Dort erfahren Sie aber alles über die vollständige
Textausgabe.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Hiebl
Rückantwort: Sehr geehrter Herr Hiebl,
vielen Dank für Ihre prompte Antwort. Ich versuchte selbst zu diesem Thema zu
recherchieren, stieß aber entweder auf die kryptischen, historisch verstiegenen
Beweisarbeiten der Germanisten, oder auf Edelbände in mittelhochdeutsch. Ich bin
deshalb verblüfft, daß es dies Reclambändchen gibt. Ist darin tatsächlich die
Geschichte des Lancelot enthalten, oder konzentriert sich das Thema mehr um
Merlin, Artus, Parzival...? Ach so, ich vergaß anzumerken, daß ich besonders an
der ursprünglichen Fassung, die man Chretien des Troyes zuschreibt, interessiert
bin.
Könnten Sie mir vielleicht auch noch einen Tip zu Lohengrin geben?
Mit freundlichen Grüßen
Neo