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3. Dezember 2005
Sehr geehrter Herr Hiebl,
zunächst möchte ich Ihre sehr informierende Website loben, denn es ist relativ schwer, zeitgenössische Quellen zum ersten Kreuzzug zu finden. Meine Frage an Sie betrifft das erste Buch aus der Gesta Francorum: In welchem Jahr erreichte Peter der Emerit Konstantinopel? Ich würde mich über eine schnelle Antwort sehr freuen, da ich ein Referat zum ersten Kreuzzug bis Montag ausarbeiten muß. Danke.
Mit freundlichen Grüßen
Paul P.
Antwort: Sehr geehrter Herr P.,
nachdem der Ritter Walter Habenichts, einer der bekannteren Mitstreiter Peters des Eremiten, ihm mit einer Abteilung vorausgezogen war, erreichte Peter der Eremit mit seiner Schar Ende Juli 1096 Konstantinopel.
http://www.mittelalter-genealogie.de/_kreuzzuege/p/peter_der_eremit_1115.html
Vergessen Sie nicht zu erwähnen, daß „zwanzigtausend“ Ritter geweint haben, als sie die mit Pfeilen gespickten Leichen ihrer Brüder auf dem Schlachtfeld herumliegen sahen.
Wenn Sie im übrigen in der Lage sind, in zwei Tagen ein Referat auszuarbeiten über ein Thema, an dem ich zwei Jahre gearbeitet habe, dann stimmt etwas mit unserem Bildungssystem nicht. In zwei Tagen ist es bestenfalls möglich, Halbwissen unter die Menschen zu streuen.
Viel Erfolg
Manfred Hiebl
30. Juni 2005
Die Kreuzzüge aus muslimischer Sicht: Wow, ich bin richtig begeistert von dieser Homepage! Arbeite zur Zeit an einer Facharbeit über den ersten Kreuzzug. Bin dort durch ein Buch auf Ihre Homepage aufmerksam geworden. Schwerpunkt meiner Arbeit ist allerdings, den Kreuzzug in Gedächtnis und Erinnerung des Islam darzustellen. Da habe ich auch schon eine Frage: Könnten Sie mir sagen, wo ich am besten Quellen zu diesem Thema finde? Es ist meiner Meinung nach nicht leicht, Quellen zu finden, die einen Einblick verschaffen in die Ansichtsweise und Bewertung des Islam oder der Türken zu diesem Thema. Hoffe, Sie können mir helfen!
MfG
Philipp
Antwort: Hallo Philipp, die Quellen, die ich auf meiner Seite angegeben habe, schließen auch die arabischen Chronisten mit ein. Diese sind: Kemaleddin, Ibn-al Athir, Abulfeda, Ibn Khaldun und Ibn al-Qalanisi. Alle anderen haben von diesen entweder abgeschrieben oder sie existieren nicht. Einen türkischen Chronisten gibt es überhaupt keinen, diese waren gewissermaßen noch nicht so weit. Die Türken kamen damals aus Persien. Sie waren Rivalen der Kreuzfahrer im Kampf ums Heilige Land. Sie waren keine Ureinwohner und konnten sich somit auch nicht als Vertriebene fühlen. Lediglich in Antiochien hatten sie sich eingenistet, und daraus sind sie nach nur 50 Jahren Herrschaft 1099 wieder vertrieben worden. Die heutige Türkei gehörte damals mit Ausnahme des Sultanats Ikonium noch zum byzantinischen Reich. Anders bei den Sarazenen. Sie galten seit der arabischen Eroberung als die Herren des Landes, wußten aber sehr wohl, daß auch sie sich fremden Territoriums bemächtigt hatten. Alles Land in Israel und Syrien war seit der Zerstörung des Tempels Salomons durch Kaiser Titus römisches Gebiet. Die Juden waren mehrheitlich geflohen, nur ganz wenige waren geblieben. Die Sarazenen sahen das Unternehmen einer Rückeroberung der heiligen Stätten als legitimen Versuch an und besaßen sogar ein gewisses Verständnis für die christliche Invasion, weil sie wohl wußten, daß Jerusalem der Ort war, an dem Jesus gewirkt hatte, und folglich darin eine gewisse Berechtigung sahen. Während des ersten Kreuzzugs war das Kriegsglück vollends auf seiten der Christen, mit Ausnahme derer, die sich um Peter den Eremiten und Walter Habenichts geschart hatten und während des Kreuzzugs des Volkes umkamen. Aber das Große Kreuzheer war trotz gewaltiger Verluste stets siegreich. Hätten die Kreuzzüge nie stattgefunden, hätten sich die Seldschuken noch viel ungehemmter gen Westen ausgebreitet, und das byzantinische Reich wäre noch viel früher untergegangen. So gesehen war den islamischen Herrschern das Vordringen der Christen mehr ein Dorn im Auge als eine Bedrohung. Die Gläubigen beider Seiten sahen sich gegenseitig als Heiden, darin unterschieden sich die beiden Religionen nicht, wenngleich der Islam der freien Religionsausübung etwas toleranter gegenüberstand. Der Heilige Krieg wurde auf beiden Seiten mit gleicher Erbitterung und aus gleich tiefer religiöser Überzeugung geführt. Die arabischen Chronisten erscheinen gegenüber ihren abendländischen Kollegen leidenschaftsloser, es werden weniger religiöse Zitate eingeflochten, ihre Berichterstattung ist nüchterner, dafür aber sachlicher. Der religiöse Aspekt der Geschehnisse kommt bei ihnen vergleichsweise zu kurz, wenngleich die immer wieder eingeflochtenen Koranfloskeln darüber hinwegzutäuschen vermögen. Beiden Seiten gemein ist die Überzeugung von der göttlichen Vorsehung. Während die christliche Seite ihre Niederlagen als Konsequenz aus den eigenen Sünden ansieht, ist diese Betrachtungsweise den Muslimen fremd. Man gewinnt eher den Eindruck, sie denken gar nicht erst über eine göttliche „Bestrafung“ nach, sondern nehmen sie als gottgegeben hin. Was Sie suchen, ist ein Sich-auseinandersetzen mit philosophisch-religiösen Fragestellungen, aber da muß ich Sie enttäuschen: mir zumindest ist, was man von einem Denker erwarten würde, auf muslimischer Seite unbekannt. Man nahm einfach die Dinge, wie der Koran sie vorschrieb, als dogmatisch gegeben, und machte sich keine großen Gedanken darüber. Auch wenn ich den Tenor Ihrer Aufgabenstellung herauszuhören meine, so bin ich mir dennoch nicht ganz sicher, ob nicht gewisse Kreise sich bloß selbst aufwerten und mit andern gleichziehen möchten. Aber was nicht ist, läßt sich auch nicht herbeiargumentieren: Religion ist nicht gleich Religion. Das Christentum ist viel reichhaltiger und liefert der Fantasie einen wesentlich größeren Schatz, sich mit den ersten und letzten Dingen auseinanderzusetzen, als der Islam. Der Satz von der absoluten Gleichwertigkeit der Religionen ist falsch. Jeder kann sich frei entscheiden, ob er sich lieber intellektuell beschäftigen will oder dogmatisch-monoton. Ein abendländischer Christ wird ohnehin nie verstehen, warum man in der Wüste, wo nur das nächtliche Sternenzelt einige Abwechslung bietet, eher an einen einzigen Gott glaubt als an einen dreifaltigen. Ein Morgenländer wird umgekehrt nie einsehen, warum Gott unbedingt einen Stellvertreter auf Erden braucht.
Ich wünsche Ihnen bei Ihrer Arbeit viel Erfolg.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Hiebl
13. Februar 2005
Saladin und seine Zeit: Sehr geehrter Herr Hiebl,
wie ich aus Ihrer Homepage erkennen kann, sind Sie ein sehr belesener Mann mit vielen theologischen, geschichtlichen und auch politischen Interessen. Vielleicht darf ich dann einfach mal Ihre Hilfe bzw. Ihre Meinung in Anspruch nehmen? Ich muß oder darf, wie Sie es sehen wollen, über ein Thema referieren, welches mir noch nicht so geläufig ist. Es geht um Saladin ("der edle Sarazene"). Das genaue Thema heißt: "Die Ambivalenz Saladins zwischen Machtkampf und Glaubenskampf." Ich würde gern einfach nur mal Ihre Meinung als Fachmann zu diesem Thema hören und wie Sie dieses Thema angehen würden. Vielleicht kennen Sie auch Literatur zu diesem speziellen Thema. In der Hoffnung, eine Antwort von Ihnen zu bekommen, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Peter T.
Antwort:
Sehr geehrter Herr T.,
wenn ich mich einen Spezialisten nennen darf, dann nur für den ersten Kreuzzug,
über Saladin weiß ich nicht allzuviel. Doch ich kenne die Quellen, die zu ihm
führen, und ich glaube aus dem, was ich über ihn gelesen habe, auch den Menschen
zu kennen. Als ich an Saladins Grab in Damaskus stand, war ich ersichtlich
gerührt, weil ich ihn damals noch für größer hielt, als er in Wirklichkeit war.
Er war nämlich nur deswegen so groß, weil seine Gegner so klein waren. Er hat es
eigentlich nie gewagt, wenn ihm nicht günstige Umstände die Sicherheit gaben,
seinen Gegnern in offener Feldschlacht entgegenzutreten. Als sie aufgrund
eigener Sorglosigkeit halb verdurstet waren, ist er über sie hergefallen, hat
sie mit seiner vielfachen Übermacht eingekreist, Feuer um sie gelegt, und
erst dann konnte er sie schließlich vernichten. Dies war die Schlacht bei den
Hörnern von
Hattin. Als ich seinerzeit hoch über dem See von Tiberias, welchen man auch
den von Genezareth nennt oder das Galiläische Meer, diese Hörner, zwei
erloschene Vulkankegel, aufgesucht habe, konnte ich meine Tränen wegen der
verlorenen Schlacht, die sich hier vor meinen Augen abspielte, kaum mehr
bezähmen. Guido von Lusignan, der König, wurde verschont, der Fürst von Antiochien, Rainald von Chatîllon, von Saladin, wie es heißt, eigenhändig
geköpft, die Großmeister des Templer- und Hospitaliterordens gerieten in
Gefangenschaft, die Ritter beider Orden ließ Saladin, weil er sie für fränkische
Assassinen hielt, niedermetzeln. Soviel zu seinem Edelmut. Er hielt sich an die
Verträge, die er mit den Kreuzfahrern schloß, doch nur, um während des
Waffenstillstands ungestört seine Hochrüstung betreiben zu können. Sein
Kammerdiener war zugleich auch sein Biograph, er hat in sehr blumiger Sprache
über den frommen Saladin geschrieben. Ich kenne nicht alles, was über ihn
verfaßt wurde, und was ich kenne, nur in Auszügen. Der Machtmensch, der er
zweifellos war, offenbart sich nur in den arabischen Quellen, als
Glaubenskämpfer trat er den Franken entgegen, und nur was diese über ihn
dachten, ist uns durch abendländische Historiker bekannt. Er war sicher beides
zugleich (ambivalenter Machtmensch und Glaubenskämpfer) und von großer Weisheit.
Ihm war es als erstem gelungen, die Muslime zu einen, doch nicht kraft seines
Glaubens, sondern kraft seines Schwertes. Im Mai läuft der Film "Kingdom of
Heaven" an, der u.a. von Saladin handelt und von dem leprakranken König
Balduin IV., dessen Absetzung viele gefordert hatten. Trotzdem kann man
letzterem nicht die Schuld an Saladins Aufstieg zuschreiben, wohl aber
dem endlosen Zwist zwischen dem Grafen von Tripolis und Balduins Nachfolger
Guido. Es könnte
sich lohnen, sich diesen Film anzusehen. Eine grundsätzliche Würdigung Saladins
und seiner Taten halte ich für sehr ehrgeizig, wenn man sich nicht vorher
sämtliche abendländischen und orientalischen Quellen zu Gemüte geführt hat und
überhaupt sehr viel über diese Zeit weiß. Man ist andernfalls zu sehr auf
Sekundärliteratur angewiesen, die von heutigen Wertmaßstäben ausgeht. Erst, wenn
man sich über die Ethik unserer Tage hinweggesetzt hat, kann es gelingen, sich
in das Wesen des mittelalterlichen Menschen einzufühlen. Ich kam im Laufe meiner
langjährigen Beschäftigung mit den Kreuzzügen zu der Erkenntnis, daß das
Mittelalter nicht so war, wie man es uns in der Schule beizubringen versucht
hat. Aber wozu schwafele ich: im Grunde weiß ich zu wenig über Saladin, um
Ihnen ein abschließendes Bild von ihm übermitteln zu können. Sie gehen einen
schweren Weg, brechen Sie sich bitte dabei nicht das Genick. Wenn Sie Ihren
Artikel fertiggestellt haben, können Sie ihn mir gerne zusenden. Ich lerne immer
wieder dazu.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Hiebl
Herr A. S. d. M. schrieb: Sehr geehrter Herr,
ich forsche und lehre mittelalterliche Geschichte und habe die Gesta Francorum gesucht. So habe ich Ihre Seite gefunden, und ich freue mich sehr wegen Ihrer interessanten Arbeit.
Ich danke Ihnen
Antwort: Sehr geehrter Herr S. d. M.,
noch sind erst die ersten acht Bücher der Gesta Francorum im Internet veröffentlicht, es fehlen noch die Bücher 9 und 10. Ich habe sie zwar vollständig übersetzt, aber ich muß sie noch einmal redaktionell überarbeiten. Das wohl großartigste und bewegendste Buch ist aber das Zehnte Buch. Die darin geschilderten Szenen übersteigen die menschliche Vorstellungskraft, und es ist vom Umfang her fast so dick wie die ersten acht Bücher zusammen. Bis die Kommentare, Skizzen und Erläuterungen fertiggestellt sind, wird noch einige Zeit vergehen, aber Ihr Schreiben ermutigt mich, zügig weiterzumachen. Es freut mich in jeder Hinsicht, Ihnen gedient zu haben.
Mit den besten Grüßen
Manfred Hiebl
6. März 2003
Sehr geehrter Herr Hiebl,
ich bin Student und schreibe gerade an einer wissenschaftlichen Arbeit über das Konzil von Clermont. Auf Ihrer Seite habe ich einen mir unbekannten Quelltext zu der Rede von Papst Urban II. am 27.11.1095 gefunden. Können Sie mir bitte einen Nachweis der Quelle und der Bilder schicken, damit ich sie weiterverwenden kann?
Ich bedanke mich im voraus
S. R.
Antwort: Hallo
Herr R.,
die aufgezeichnete Rede Papst Urbans II. auf dem Konzil von
Clermont ist eine von insgesamt sechs verschiedenen Quellen, von denen jede den
Text in etwas anderer Form
wiedergibt. Diese hier stammt von Fulcher von Chartres, einem
Augenzeugen und Chronisten des ersten Kreuzzugs. Wie Fulcher an
den Text dieser Rede gelangt ist, ist unbekannt, man weiß auch
nicht, ob Urban sie tatsächlich so gehalten hat. Bei
mittelalterlichen Reden ist stets Vorsicht geboten. Dennoch ist
sie eine der größten Reden aller Zeiten. Sie hat ca. 20
Millionen Menschen das Leben gekostet. Ich habe sie mit großer
Sorgfalt ins Deutsche übersetzt, und ich weiß nicht, ob das
außer mir noch jemand getan hat. Wenn Sie auf meiner
Kreuzzugsseite nach dem Chronisten Fulcher von Chartres suchen,
finden Sie dort im I. Buch, bald am Anfang, den Text dieser Rede.
Das Bild stammt aus dem Archivo Iconografico, S.A./CORBIS. Eine andere Version
der Rede, die ich ebenfalls übersetzt habe, stammt von
Robert dem Mönch.
Nebenbei bemerkt, ich helfe jedem gerne, der mich um etwas
bittet, und ich wünsche Ihnen für Ihre Arbeit eine gute Zensur.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Hiebl