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Datum:
30.05.2012
Deutschland ohne Ausländer
Gelesen und für Die Zeit zu Ende gedacht von
Deniz Başpınar
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-05/deutschland-auslaender-buch
"Ausländer raus!" steht an
mancher Häuserwand. Was würde die Umsetzung dieser Hetzparole konkret
bedeuten? Zwei Autoren haben das Szenario – nicht ganz – zu Ende gedacht.
Kommentar: "Es
sollte zuerst und immer auch geprüft werden, wer die Hintermänner dieses
Buches sind, denn auch ein Journalist kann nicht von der Hand in den
Mund leben und nimmt gerne mal die eine oder andere Gage entgegen, auch
wenn diese sich bewußt Deutschenfeindlichkeit (Antigermanismus) auf die
Fahnen geschrieben hat."
"Deutschland ohne Ausländer"
ist im Redline Verlag erschienen.
Kommentar: "Es muß
bezweifelt werden, daß der, der dieses tendenziöse Buch gelesen hat,
hinterher über ein größeres und breiter gefächertes Wissen verfügt."
Die Journalisten Pitt von
Bebenburg und Matthias Thieme haben in ihrem Buch Deutschland ohne
Ausländer – Ein Szenario folgendes Planspiel entworfen: Was würde es für
den Arbeitsmarkt bedeuten, die Wirtschaft, für die Steuereinnahmen und
Sozialsysteme, für die Familien, für das Bildungssystem, für das Verhältnis
Deutschlands zur internationalen Gemeinschaft, wenn alle sieben Millionen
Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit ausgewiesen würden?
Kommentar:
"Zumindest was die Familien betrifft können die Folgen nicht so
dramatisch sein wie dargestellt, es sei denn, man nimmt an, ein
Deutscher oder eine Deutsche würden nicht auch einen Ehepartner im
eigenen Volk finden."
"Ausländer raus" sagen
vielleicht nur wenige laut. Meinungsforscher stellen aber fest, daß sehr
viele Menschen, etwa die Hälfte der deutschen Bevölkerung, der pauschalen
Aussage zustimmen, es gäbe zu viele Ausländer in Deutschland.
Kommentar: "Was
hier als Hetzparole diffamiert wird, ist eine ernstzunehmende politische
Forderung, die offenbar nicht nur von einer Randgruppe kommt."
Deshalb kamen Bebenburg und
Thieme auf die Idee, eine fiktive rechtspopulistische Regierung ins Amt zu
setzen, die alle Menschen mit ausländischem Paß radikal des Landes verweist
– auch alle EU-Bürger und alle Menschen, die mit deutschen Partnern
verheiratet sind. Die Autoren befragten dazu Experten und beschreiben die
katastrophalen Folgen für alle möglichen Lebensbereiche sehr anschaulich.
Und doch wird das Buch keinen Rassisten zur Vernunft bringen.
Kommentar: "Wer
Deutschlands Zustand vor dem Auftauchen der ersten Ausländer als
katastrophal hinstellt, kennt die Historie des Wirtschaftswunders nicht,
welches ausschließlich von Deutschen, insbesondere von den Trümmerfrauen
bewirkt wurde. Wenn die Definition des Rassisten dahin geht, daß dieser
unvernünftig sei, dann fragt man sich, was der Autor überhaupt mit
seinem Anliegen bezweckt."
Zusammenbruch im
Arbeitsleben
Das Autorenteam beschreibt,
wie zunächst einmal das Arbeitsleben in vielen Bereichen zusammenbrechen
würde: in Pflegeeinrichtungen, an Flughäfen, in der Gastronomie, im
Reinigungsservice, in der Automobilindustrie – also überall dort, wo
überdurchschnittlich viele Ausländer arbeiten.
Kommentar: "Das
Autorenteam scheint so zu tun, als würden Arbeitsverhältnisse nicht wie
bisher ordentlich gekündigt. Das rückt die Autoren in die Nähe der
Böswilligkeit. Statt dessen werden Schreckgespenster eines
Zusammenbruchs an die Wand gemalt, wie sie auch von den
Antisemitismushütern gebraucht werden. Es wird der Eindruck geschürt,
als wäre unser Volk nicht auch ohne fremde Hilfe lebensfähig."
Ohne Migranten müßten
Pflegeheime und ambulante Pflegedienste beispielsweise die Versorgung der
Alten und Pflegebedürftigen auf ein Minimum reduzieren. Viele Menschen, die
jetzt ambulant versorgt werden, würden in Pflegeeinrichtungen überwiesen
werden. Da aber auch in den Heimen das Personal wegbrechen würde, könnten
die Pflegebedürftigen gar nicht aufgenommen werden. Also müßten Verwandte
einspringen und ihre Berufstätigkeit aufgeben oder erheblich reduzieren.
Kommentar: "Die
Pflege der Alten und die medizinische Versorgung der Bevölkerung wären
nicht gefährdet, ganz im Gegenteil. Diese richtet sich ausschließlich
nach dem Lohn, der für solche Arbeiten gezahlt wird. Die Löhne für
Pflegekräfte würden steigen, so daß sich diese gehaltsmäßig dem
Mittelstand annähern würden und auch höhere soziale Abgaben entrichten
könnten. Höhere Löhne würden wiederum dem Pflegeberuf höheren Zulauf
bescheren. Die höheren Kosten für die Verwandten würden überdies zu
einer größeren steuerlichen Entlastung führen. Seine Berufstätigkeit
müßte deswegen auch niemand aufgeben."
Ein weiteres Beispiel wäre die
Bankwirtschaft, die international agiert und im mittleren und oberen
Management besonders viele Ausländer beschäftigt. Eine Ausweisung von
Ausländern hätte zur Folge, daß ganze Geschäftsbereiche in Deutschland
aufgegeben werden müßten. Ausländische Banken würden ihre Filialen ganz
schließen. All dies hätte enorme Auswirkungen auf die Kreditversorgung der
deutschen Wirtschaft. Die wiederum ist gar nicht so rein deutsch, wie man
denkt. Aktiengesell-schaften wie Daimler, Bayer oder E.On gehören
mehrheitlich ausländischen Anlegern. Diese würden in einem solchen Szenario
ihr Kapital zurückziehen, was einen Börsencrash zur Folge hätte.
Kommentar: "Daß die
deutsche Wirtschaft nicht so rein deutsch ist, wie man denkt, ist genau
ein Argument gegen den Verbleib von Ausländern, da der Ausverkauf der
deutschen Wirtschaft gestoppt würde. Mehr Kredite werden vor allem
deswegen benötigt, weil sich ihrer auch ausländische Mitbürger und
Unternehmen bedienen. Der Bedarf an Krediten ist proportional zur Zahl
der Bürger. Die Deutschen unter sich würden deutlich weniger Kredite
benötigen. Daß ausländische Anleger ihr Kapital aus einem verläßlicheren
Deutschland abziehen würden, was einen Börsencrash zur Folge hätte, ist
eine unbewiesene und linksgerichtete Behauptung. Worin könnten
Investoren ihr Geld besser anlegen als in einer stabilen nationalen
Währung?"
Zu wenige Steuern und
Sozialabgaben
Den Haushalten von Bund,
Ländern und Gemeinden würden Steuereinnahmen von 50 Milliarden Euro entgehen
und die Bruttoinlandsproduktion würde jährlich um 150 bis 200 Milliarden
Euro schrumpfen. Die Folge wären höhere Steuern und Sozialabgaben und ein
höheres Renteneintrittsalter für die verbleibende Bevölkerung. Spätestens
hier merkt der Leser, welche tiefgreifenden Konsequenzen die leichtfertige
Vertreibung aller vordergründig Fremden hätte.
Kommentar: "Die
eingenommenen Steuern werden anteilig wieder auf so viele Ausländer
verteilt, wie diese zum Steueraufkommen beitragen. Eine
Bruttoinlandproduktion in Absolutwerten sagt rein gar nichts.
Aussagekräftig ist nur die Bruttoinlandsproduktion pro Kopf, und diese
würde sich eindeutig erhöhen. Höhere Steuern und Sozialabgaben fielen
dadurch nicht automatisch an. Das Renteneintrittsalter steigt völlig
unabhängig von der ethnischen Zusammensetzung, weil dafür die
demographische Entwicklung verantwortlich ist. Es würde sich umgekehrt
sogar eine Entlastung abzeichnen, weil ja die Heimkehrer nicht mehr
mitversorgt werden müssen und deren Bedarf an Sozialleistungen
überproportional hoch ist. Der Leser merkt natürlich nicht, was ihm hier
über die relativen Verhältnisse anhand von Absolutzahlen vorgemacht
wird. Der Begriff Vertreibung hat einen linkspropagandistischen
Hintergrund, und der Begriff fremd kann nicht dadurch abgeschafft
werden, daß man ihn als vordergründig einstuft."
Deutschland wäre isoliert
Doch dabei bleibt es nicht.
Ein derart massiver Eingriff in das gesellschaftliche Leben würde in unserer
globalisierten Welt eine Kettenreaktion ungeahnten Ausmaßes auslösen. Man
merkt den in dem Buch befragten Experten an, daß sie um Fassung ringen, wenn
sie die Folgen eines solchen Gedankenspiels beschreiben sollen. Von der
Wirkung eines "Atombombenabwurfs" ist da die Rede oder von Zuständen wie in
Kriegszeiten, die Arbeitsverpflichtung und Zwangsarbeit für die
zurückbleibende Bevölkerung zur Folge hätte. Ein "irreparabler Schaden" für
die Volkswirtschaft, den man sich überhaupt nicht ausmalen möchte.
Kommentar: "Hier
werden ganz bewußt politische Ängste geschürt, die das ganze Buch als
unseriös erscheinen lassen. Dadurch daß bei einer Ausweisung (im
Unterschied zur Vertreibung) keine Menschen ums Leben kommen, verbietet
sich der Vergleich mit einem Atombombenabwurf. Der Begriff Zwangsarbeit
suggeriert auf unzulässige Weise einen Vergleich mit der NS-Zeit, so daß
man ganz deutlich sieht, worauf die Autoren abzielen, nämlich auf die
immer noch nicht abgetragene Kriegsschuld Deutschlands. Zustände wie in
Kriegszeiten werden wir aufgrund der Schuldensituation und der
demographischen Entwicklung auch ohnedies erleben. Wer das Wort
irreparabel in den Mund nimmt, glaubt im übrigen nicht an die
selbstheilenden Kräfte der Wirtschaft."
Die politischen Folgen wäre
die internationale Isolierung Deutschlands und der Austritt aus der EU, da
eine Ausweisung von EU-Ausländern eine eklatante Vertragsverletzung bedeuten
würde.
Kommentar: "Das
Ende der EU wird so oder so kommen. Isolation ist darüber hinaus ein
Wort, das sich am linken Rand des politischen Spektrums immer gut
verkauft. Sind Länder, die ein restriktives Einwanderungsgesetz oder
eine Visumspflicht haben, nicht genauso isoliert?"
Nicht alle Ausländer sind
unerwünscht
Die Stärke des Buches liegt
darin, dem Leser bis ins Detail vor Augen zu führen, welchen Verlust er
hätte, gäbe es keine Ausländer in Deutschland mehr. Die Folgen wären für
jeden einzelnen Bürger dieses Landes zu spüren. Diese Radikalität ist
zugleich die Schwäche dieses Gedankenspiels. Die Autoren nehmen die
ressentimentgeladene Einstellung, es gäbe zu viele Ausländer in Deutschland,
wortwörtlich. Sie beachten dabei nicht, daß die meisten Menschen, die dieser
Aussage zustimmen, Einschränkungen machen würden, wenn es um eine konkrete
politische Umsetzung ginge.
Kommentar: "Eine
Darstellung, die einseitig nur die negativen Auswirkungen beleuchtet,
nicht aber auch die Vorteile darstellt, die Deutschland ohne seine
Ausländer hätte, ist nicht objektiv und damit auch nicht geeignet, dem
Thema auch nur annähernd gerecht zu werden."
Was zunächst beruhigend
klingt, zeigt doch das eigentliche Problem: Die meisten Deutschen möchten
wohl nicht einfach alle Ausländer aus dem Land haben, sondern nur bestimmte
Gruppen. Ethnische Hierarchisierung wird eine solche Rangordnung genannt,
die den Status von ethnischen Gruppen spiegelt. Konkret würde der Wunsch
nach Ausweisung wohl die Gruppe der Afrikaner, Araber und Türken betreffen -
also die Migranten, die man als besonders "fremd" erlebt. Längst hat sich
auch der ressentimentbeladenen Chiffre "Ausländer" in Richtung "Muslim"
verschoben, was im Szenario kaum beachtet wird. Die Populisten dieser Tage
wettern doch längst nicht mehr gegen Gastarbeiter, Ausländer und "Kanacken"
– sondern erklären den Fremdgläubigen zu einer Bedrohung.
Kommentar: "Es
dürfte klar sein, daß dem Problem ein Hautfarben-gradient überlagert
ist, der bei Menschen mit Krieger-Gen einen desto größeren Abwehrreiz
auslöst, je dunkler der Eindringling ist. Die Religion ist hierbei
zweitrangig."
Viele gerade von diesen
Fremden sind allerdings Deutsche, genauer gesagt "neue Deutsche" – wie die
Sozialwissenschaftlerin Naika Foroutan es formuliert. Nach Angaben der
Autoren leben 8,6 Millionen eingebürgerte Migranten in Deutschland. Diese
könnten in diesem Szenario gar nicht ausgewiesen werden. Oder wie die
Autoren treffend formulieren: "Die Überraschung wird groß sein in
Deutschland. (...) Denn viele, die man für Ausländer gehalten haben mag,
sind gar keine."
Kommentar: "Das
Wort Ausländer beschreibt das Problem ohnehin nur unzureichend.
Korrekter wäre da der Terminus "Einschleicher" oder "Eingeschleppter".
Wer im übrigen Deutscher ist und wer Ausländer, läßt sich ganz einfach
durch einen genetischen Abstammungstest feststellen."